Pflege: Beratung, Schulung und Dokumentation bei der Wundversorgung

Zur Aufgabe von Pflegefachkräften gehört in der Wundversorgung neben der beschriebenen diagnostischen und therapeutischen Tätigkeit auch die Beratung, Schulung und Anleitung von betroffenen Personen bzw. deren Angehörigen.

Insbesondere im häuslichen Umfeld, also in der ambulanten Pflege, wo oftmals auch Angehörige in der Versorgung aktiv mitwirken, sind diese Beratungen für einen erfolgreichen Heilungsverlauf unerlässlich. Es wäre für den Wundverlauf absolut kontraproduktiv, wenn mitpflegende Angehörige nicht korrekt in die Behandlung eingewiesen würden und dann z.B. durch Fehllagerungen die Heilungsprognosen negativ beeinflussen würden.

Der Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ identifiziert dies als relevante Kompetenz einer in der Wundversorgung tätigen Pflegefachkraft. Dort wird formuliert, dass Patienten/Bewohnern und ihren Angehörigen, soweit es deren kognitive und manuelle Möglichkeiten erlauben, diese Beratungsleistungen anzubieten sind.

Der MDK hat hierzu zwar kein eigenes Prüfkriterium im Rahmen seiner Qualitätsprüfung formuliert, fragt diese Beratungsleistung allerdings indirekt mit der Überprüfung der Umsetzung der betreffenden Expertenstandards ab. Vor diesem Hintergrund ist die Dokumentation der erbrachten Beratung bzw. Schulung im Pflegebericht mit Zeitangabe und Inhalt notwendig.

Die Beratungsinhalte müssen natürlich auf die individuelle Situation der betreffenden Person zugeschnitten sein. Es macht einen Unterschied, ob es sich lediglich um eine inhaltliche Beratung handelt, in der beispielsweise nur der aktuelle Sachstand zur Wundtherapie erläutert wird, oder ob es sich um eine praktische Anleitung handelt, damit beispielsweise der Angehörige befähigt wird, aktiv Teile der Wundversorgung selbst zu übernehmen. Generell können die Beratungsinhalte hierbei einen allgemeingültigen Teil, der für alle Betroffenen und ihre Angehörigen gleichermaßen von Bedeutung ist, sowie einen krankheitsspezifischen Teil, bezogen auf die individuelle Wundsituation, enthalten.

Die wichtigsten bzw. möglichen Beratungsinhalte werden im Folgenden getrennt nach allgemeinen und krankheitsspezifischen Schwerpunkten aufgelistet. Es empfiehlt sich, in der Wundversorgung tätige Pflegefachkräfte für diese Beratungsleistungen inhaltlich wie didaktisch schulen zu lassen. Auch kann, basierend auf diesen aus dem Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ entnommenen Empfehlungen, ein eigenes Beratungskonzept entwickelt werden.

Allgemeine Schulungs- und Beratungsinhalte können sein:

  • Wundursache und zeitliche Erwartungen der Wundheilung
  • Bedeutung von Schmerz und Exsudat
  • Sachgerechte Durchführung notwendiger Maßnahmen zur Wundheilung, wie zum Beispiel das Nutzen steriler Verbandsstoffe
  • Umgang mit Beschwerden, wie z.B. geschwollene Beine oder Schmerzen
  • Möglichkeiten einer wirksamen Hautpflege

Krankheitsspezifische Beratungs- und Schulungsinhalte können sein:

  • Diabetisches Fußsyndrom:
    • Fuß- und Schuhinspektion zur Vermeidung und zum Erkennen von Verletzungen
    • Sachgerechtes Tragen von druckentlastendem orthopädischem Schuhwerk
    • Fußpflege
    • Gehschulung zur Vermeidung von Stürzen
    • Raucherentwöhnung
  • Dekubitus:
    • Bewegungsförderung
    • Umgang mit druckentlastenden Hilfsmitteln
    • Umgang mit Lagerungshilfen
  • Ulcus cruris venosum
    • Kompressionstherapie
    • Umgang mit Einschränkungen durch die Kompressionstherapie
    • Bewegungstraining
    • Mobilisierung des Sprunggelenks
  • Ulcus cruris arteriosum
    • Lagerung der Beine
    • Druckreduktion
    • Raucherentwöhnung

Wunddokumentation

Alle Pflegefachkräfte kennen zwischenzeitlich folgenden Satz: „Was nicht dokumentiert wurde, wurde nicht durchgeführt“. Tatsächlich dient die Wunddokumentation als Nachweis dafür, dass die Wundversorgung geplant und zielgerichtet stattgefunden hat.

In einem Rechtsstreit können sich Richter auf diese Dokumente berufen. Im Streitfall kann die Pflegeeinrichtung anhand der Wunddokumentation beweisen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllt und den Betroffenen korrekt behandelt hat. Ohne Dokumentation besteht ein Risiko im Falle zivil- oder strafrechtlicher Auseinandersetzungen (z.B. Forderungen nach Schmerzensgeld oder Schadensersatz). Hier greift die Beweislastumkehr, d.h. der Beklagte muss sein Handeln nachweisen, was einer Pflegeeinrichtung ohne Dokumentation unmöglich ist. Auch der MDK prüft die Wunddokumentation intensiv.

Generell ist bei der Dokumentation zu beachten:

  • Die Dokumentation muss zeitnah erfolgen, d.h. unmittelbar nach der durchgeführten Maßnahme.
  • Die Einträge müssen für alle am Wundmanagement Beteiligten nachvollziehbar ist.
  • Einträge dürfen nicht im Voraus vorgenommen werden.
  • Einträge müssen durch ein Handzeichen der Pflegeperson zuzuordnen sein, die die Maßnahme erbracht hat.
  • Eventuelle Korrekturen müssen als solche kenntlich gemacht werden, die Verwendung von Korrekturmitteln, Tintenlöscher etc. oder das Überkleben von Eintragungen ist nicht zulässig. Die korrigierte ursprüngliche Fassung muss noch lesbar sein.

Dieser rechtliche Hintergrund darf natürlich nicht die alleinige Hauptmotivation für die Führung der Wunddokumentation sein. Letztendlich dient sie der Qualitätssicherung, sodass durch die objektive Wundbeschreibung und die Erfassung der therapeutischen Maßnahmen Betroffene und Pflegende beurteilen können, ob eine Besserung der Wunde eingetreten ist und ob damit der gewählte Behandlungsansatz erfolgreich war. Mit Hilfe der Dokumentation ist es möglich, den Therapieerfolg zu evaluieren und den Erfahrungshorizont zu erweitern.

Grundsätzlich ist bei der Wunddokumentation darauf zu achten, dass alle beteiligten Akteure sowie Berufsgruppen diese nachvollziehbar verfolgen können. Besonders in der häuslichen Pflege (wo z.B. Angehörige Teile der Versorgung übernehmen) sollte die Wunddokumentation sprachlich so verfasst sein, dass auch diese sie verstehen. Eine lückenlose und umfassende Dokumentation der Wundsituation stellt sicher, dass alle Beteiligten die für die Versorgung relevanten Informationen kennen und vor dem Hintergrund des niedergeschriebenen Wissensstandes die individuellen Maßnahmen einheitlich erbringen können.

Bestandteile der Wunddokumentation

Wie sollte nun eine schlüssige Wunddokumentation, die den oben beschriebenen Anforderungen gerecht wird, aussehen? Grundsätzlich kann empfohlen werden, sich hierbei an den Empfehlungen des Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ und den Vorgaben des MDK, die sich aus den aktuell gültigen Qualitätsprüfungsrichtlinien ableiten lassen, zu orientieren. Die dort gemachten Angaben entsprechen dem derzeitigen Wissensstand und man bewegt sich als Pflegeeinrichtung auf der rechtlich sicheren Seite.

Konkret besteht die Wunddokumentation aus folgenden Bestandteilen:

1. Wundbeschreibung einschließlich der Anwendung fachlicher Assessments.

2. individueller und alltagsorientierter Maßnahmenplan einschließlich ärztlicher Verordnungen.

3. Darstellung des Wundverlaufs einschließlich Evaluation der eingeleiteten Maßnahmen.

Der MDK legt bei den von den Pflegeeinrichtungen zu führenden Wunddokumentationen besonderen Wert auf die Kriterien Aktualität, nachvollziehbare Beschreibung des Verlaufs sowie Beschreibung von Größe, Lage und Tiefe. In den aktuell gültigen MDK-Qualitäts-Prüfungsrichtlinien wird dargestellt, wie die Beschreibung einer chronischen Wunde aussehen kann.

Der Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ empfiehlt die Verwendung eines wundspezifischen Assessments. Außerdem wird empfohlen, die Selbstmanagementkompetenzen der Betroffenen in der Anamnese zu berücksichtigen. Dazu gehören auch wund- und therapiebedingte Einschränkungen sowie das vorhandene Patienten-/Angehörigenwissen.

Wund- und therapiebedingte Einschränkungen:

  • Schmerzen (Qualität, Dauer, Häufigkeit, situationsbedingtes Auftreten)
  • Mobilitäts-/Aktivitätseinschränkungen
  • unangenehme Gerüche und Exsudat
  • soziale Isolation
  • Frustration, Trauer und Depression
  • Einschränkungen bei Kleider- und Schuhwahl

Patienten-/Angehörigenwissen zu:

  • Wundursachen
  • Bedeutung eingesetzter Maßnahmen wie Kompression, Druckentlastung
  • Wundheilung
  • Vorstellung zur Abheilungszeit

Gesundheitsbezogene Selbstmanagementkompetenzen:

  • zum Umgang mit wund- und therapiebedingten Einschränkungen
  • zum Verbandwechsel
  • zur Ernährung
  • zur Blutzuckereinstellung
  • zur Hautpflege zu krankheitsspezifischen Maßnahmen wie Fußpflege, Bewegungsübungen etc.

Prüfen Sie, ob die Formulare des in Ihrer Pflegeeinrichtung verwendeten Wunddokumentationssystems diese Kriterien abdecken. Ergänzen Sie sie gegebenenfalls entsprechend. Nur so können Sie in MDK-Qualitätsprüfungen auf „Nummer sicher“ gehen.

Der Maßnahmenplan enthält Angaben zur fachgerechten Wundversorgung sowie die Anordnungen des zuständigen Arztes. Er ist – soweit möglich – mit dem Betroffenen selbst sowie den beteiligten Pflegenden gemeinsam abzustimmen. Die individuellen Selbstmanagementkompetenzen der Patienten/Bewohner sollen dabei berücksichtigt werden. Außerdem empfiehlt der Expertenstandard, dass im Maßnahmenplan Angaben gemacht werden, wie sich die geplanten Maßnahmen in den Alltag integrieren lassen.

Der Wundverlauf muss kontinuierlich dokumentiert werden. Das heißt konkret, dass z.B. jeder Verbandwechsel und die dort festgestellten Veränderungen zum Vorzustand vermerkt werden. Ein erneutes vollständiges Wundassessment sollte alle sieben bis 14 Tage bzw. anlassbezogen bei akuten Veränderungen der Versorgungs- oder Wundsituation erfolgen. Spätestens alle vier Wochen sollte eine Evaluation des Maßnahmenplans durchgeführt und eventuell notwendige Änderungen eingeleitet werden.

Fotodokumentation

Insbesondere durch die heutzutage vorhandenen technischen Möglichkeiten durch digitale Kameras nimmt die Wunddokumentation per Fotografie einen immer größeren Stellenwert ein. Digitalkameras sind zur Wunddokumentation rechtlich zulässig und aus weiteren Gründen empfehlenswert: Die Bildqualität ist zwischenzeitlich in der Regel sehr gut, der Aufbewahrungspflicht kann leichter nachgekommen werden (seit 2002 30 Jahre bei medizinischen Unterlagen) und drittens handelt es sich um ein kostengünstiges Verfahren.

Dennoch ist bei dem Einsatz von Digitalkameras in der Wunddokumentation einiges zu beachten! So ist eine Fotodokumentation kein Ersatz für eine schriftliche Dokumentation. Sie sollte maximal ergänzend angewandt werden. Oft werden die Dreidimensionalität einer Wunde, Vertunnelungen aber auch Farben nur sehr unzufriedenstellend dargestellt. Außerdem kann es anhand der Fotos Probleme in der Erkennung des Wundverlaufs geben, wenn diese nicht strikt standardisiert erstellt werden. Um eine aussagekräftige fotografische Dokumentation zu erhalten, sollte auf folgendes geachtet werden:

  • Es sollte immer der gleiche Abstand und Winkel sowie dieselbe Belichtung (z.B. immer mit Blitzlicht) verwendet werden.
  • Es sollte immer dasselbe Kameramodell eingesetzt werden.
  • Der Hintergrund sollte, wenn möglich, dunkel sein.
  • Zur Größenbestimmung kann ein geeignetes Lineal oder eine Millimeter-Skala angelegt werden.
  • Die Wunde sollte immer nach der Reinigung fotografiert werden. So werden stets gleiche Voraussetzungen geschaffen und eventuelle Reste, z.B. durch Nekrosen oder Verbände, können das tatsächliche Wundbild nicht verfälschen.
  • Damit das Foto eindeutig zugeordnet werden kann, sollte es mit dem Namen des Patienten/Bewohners sowie dem Erstellungsdatum beschriftet sein.
  • Die Fotos werden bei den schriftlichen Dokumentationsunterlagen aufbewahrt.

Die Fotodokumentation darf nur mit dem Einverständnis des Betroffenen bzw. dessen gesetzlichen Vertreters erfolgen. Die Zustimmung kann mündlich – wobei dies dann im Pflegeverlaufsbericht dokumentiert werden sollte – oder schriftlich eingeholt werden.

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