Wie Sie die Kompressionstherapie bei der Pflege von Menschen mit chronischen Wunden richtig durchführen

Die Kompressionstherapie bei einem Ulcus cruris venosum hat nachweislich eine positive Auswirkung auf die Wundheilung. Die Schmerzen der Betroffenen sind deutlich rückläufig.

Durch die Venen fließt sauerstoffarmes Blut zum Herz zurück. Bei Bewegung (z.B. Muskelkontraktion beim Gehen) wird Druck auf die Gefäßwände der Venen ausgeübt, welcher das Blut nach oben pumpt. Die Venenklappen hindern das Blut am Zurückfließen. Wenn nun die Gefäßwände der Venen pathologisch erweitert sind, können die Venenklappen nicht mehr vollständig schließen und Blut fließt zurück. Außerdem kann durch die Erweiterung der Gefäßwände nicht mehr der nötige Druck erzeugt werden, um das Blut nach oben zu pumpen. Dies führt dann zu einem Austritt von Flüssigkeit ins Gewebe und es entsteht ein Ödem. Dieser fehlende Druck kann durch die Kompressionstherapie wiederhergestellt werden. Außerdem unterstützt der Druck durch die Kompressionstherapie die Funktion der Venenklappen, die Fließgeschwindigkeit kann wieder beschleunigt werden, die Wadenpumpe kann wieder intensiver arbeiten, der venöse Rückfluss kommt wieder in Gang und Ödeme können abgebaut werden. Die Stauung in den Gefäßen nimmt ab.

Doch bevor mit einer Kompressionstherapie begonnen werden kann, muss unbedingt eine korrekte Diagnostik erfolgen. D.h. es muss sichergestellt werden, dass es sich um ein venöses – und nicht arterielles – Problem handelt. Eine Kompression der Unterschenkel bei arteriellen Beschwerden kann zu einer Mangelversorgung des Gewebes und zu Nekrosen führen.

Indikationen:

  • Ulcus cruris venosum und mixtum
  • Tiefe Beinvenenthrombose
  • Lymphödeme
  • CVI
  • Phlebitis
  • Ödeme infolge von Immobilität, nach Verletzungen oder Operationen, in der Schwangerschaft

Kontraindikationen:

  • Arterielle Durchblutungsstörung
  • Akute tiefe Beinvenenthrombose
  • Entzündungen
  • Akuter Myokardinfarkt

Ist eine Kompressionstherapie indiziert, muss darauf geachtet werden, dass sich der Betroffene bewegt. Denn nur mit Bewegung kommt es zum oben genannten, gewünschten Erfolg. Auch bei Bettlägerigkeit muss auf die Aktivierung der Wadenmuskelpumpe geachtet werden. Als weiterer wichtiger Faktor muss auf den Wert des Drucks geachtet werden. Je nach Krankheitsbild muss eine leichte, mittlere, kräftige oder sehr kräftige Kompression angewendet werden. Diese verschiedenen Werte des Drucks sind in sogenannte Kompressionsklassen (KKL) eingeteilt und mit genauen mmHg-Werten versehen. Es kann nun auf verschiedene Methoden zurückgegriffen werden:

  • Der Kompressionsverband
  • Der Kompressionsstrumpf
  • Die intermittierende Kompression

Bei den jeweiligen Methoden bedarf es unterschiedlicher Materialien, wobei die Werte des Kompressionsdrucks bei allen Arten der Kompression gelten. Dennoch ist es bei dieser manuellen Art schwierig, den exakten Druck zu erzielen. Hier ist Erfahrungswissen und Übung von besonderem Vorteil. Auch der Betroffene neigt dazu, beim Kompressionsverband über die Festigkeit des Wickelns mitzusprechen. Oft konnte festgestellt werden, dass der Druck der Indikation entsprechend war, wenn der Betroffene die Wickelung als zu fest empfand. Nachgewiesen werden kann, dass eine hohe Kompression wirksamer ist als eine niedrige.

Wichtig: Die KKL addieren sich beim Übereinanderziehen der Strümpfe. Wenn Probleme bestehen, einen Strumpf mit der KKL IV anzuziehen, können auch zwei Strümpfe der KKL II angezogen werden.

Zur Abheilung von Ulcertionen sollten sowohl die Strümpfe als auch die Verbände 24 Stunden am Tag getragen werden. Bei der Entscheidung, ob Strumpf oder Verband sinnvoll ist, können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Zu Beginn einer Therapie ist ein Verband sinnvoller, da man täglich neu die Kompression auf die derzeitige Ödembildung anpassen kann. Auch bei Wunden mit starkem Exsudataufkommen sind Verbände zu bevorzugen. Doch als Dauertherapie, auch bei abgeheilten Wunden, sind Kompressionsstrümpfe von Vorteil.

Bei allen Materialien sollten die Pflegehinweise der Hersteller berücksichtigt werden. D.h. in der Regel sind die Produkte bei 40° in der Maschine waschbar. Sie sollten mit Feinwaschmittel gereinigt und danach auf der Leine getrocknet werden. Bügeln der Materialien ist unbedingt zu unterlassen!

Wickeltechniken:

Grundsätzlich muss bei jeder Art von Kompressionsverband folgendes beachtet werden:

  • Der Verband sollte morgens vor dem ersten Aufstehen im Liegen angebracht werden.
  • Oder die Beine sollten 30 Minuten zuvor hochgelagert werden.
  • Die Verwendung von mindestens zwei Binden pro Unterschenkel ist am effektivsten.
  • Die Breite der Binde sollte den Durchmesser des Unterschenkels nicht überschreiten.
  • In der Regel sollte mit einem Polster- oder Schlauchverband angefangen werden. Besondere Körperstellen (Tibiakante, Sprunggelenk etc.) müssen geschützt werden, um Druckgeschwüren vorzubeugen. Auf Watte verzichten!
  • Der Fuß sollte beim Wickeln die 90°-Grad-Stellung einnehmen.
  • Zehengrundgelenk und Ferse immer einbinden.
  • Wickelung geht bis ca. 2 cm unter das Knie.
  • Gezielte Kompression vornehmen (herzwärts abnehmend, kontinuierlich).
  • Binden müssen immer Kontakt zur Haut haben, Verband lückenlos anbringen.
  • Wichtig ist, die Binde nah am Bein zu führen.
  • Die Binde nicht vom Körper wegziehen (Gefahr von Einschnürungen).
  • Vermeiden von Druckstellen (s.o.).
  • Beachten des Nagelbettes.
  • Hautfarbe im Blick halten (Verband sitzt korrekt, wenn die Zehen in Ruhe erst leicht livide (fahl, blass) erscheinen, in Bewegung jedoch wieder die Normalfarbe annehmen).
  • Auf Reaktionen des Betroffenen achten.
  • Keine sogenannten „Schwiegermütter“ (Fixierklammern) zum Fixieren verwenden (Verletzungsgefahr), besser Pflasterstreifen.

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Wickeltechniken, die sich in Einzelschritten unterscheiden. Im Expertenstandard „Pflege bei Menschen mit chronischen Wunden“ ist darauf verwiesen, dass sich die Anlagetechnik nach den Erfordernissen der jeweiligen Erkrankung richtet. Im Folgenden soll die modifizierte Technik nach Pütter dargestellt werden.

Das Abheilen eines Ulcus cruris venosum ist u.a. von der Kompressionstherapie abhängig. Dennoch ist die Bereitschaft der Betroffenen einen Kompressionsverband oder -strumpf mit korrektem Druck zu tragen, eher gering. Nicht selten wird die Therapie vorzeitig abgebrochen oder nur unzureichend ausgeführt. In diesen Fällen ist es wichtig herauszufinden, welche Gründe vorliegen und gemeinsam mit dem Betroffenen nach Lösungen zu suchen. Folgende Gründe, warum die Therapie nur unzureichend ausgeführt wird, sind aus der Literatur bekannt:

  • Mangelndes Wissen über die Grunderkrankungen. Die Betroffenen nehmen „nur“ ihre Wunde wahr, welche die Symptomatik darstellt, und haben zu wenig Information über die Ursachen.
  • Bei einer nicht korrekt durchgeführten Kompressionstherapie kommt es zu übermäßigen Schmerzen oder es fehlt ein korrektes Schmerzmanagement.
  • Einschränkungen in der allgemeinen Lebensqualität führen dazu, die Therapie abzubrechen. Z.B. der Betroffene passt nicht mehr in seine gewohnten Schuhe, der Verband wird als unangenehm empfunden, bei einer Dauertherapie können die Beine tagelang nicht gewaschen werden.
  • Der Betroffene erlebt die Pflegekräfte nicht selten als uninformiert und wenig kompetent in der Anlagetechnik.

Die Kompressionstherapie ist nach Anordnung des Arztes eine originär pflegerische Aufgabe und ist im praktischen Alltag häufig anzutreffen. D.h. die Pflegekräfte sollten in diesem Bereich besondere Kompetenzen und Fertigkeiten mitbringen.

Zurück

Hier bloggt die Redaktion Fachkompetenz Pflege des Verlags Mensch und Medien

Folgen Sie uns:  twitter

Professionelle Altenpflege
Das kompetente Wissensportal

Mehr erfahren

  • Expertenwissen praktisch nutzen
  • Zeitsparend arbeiten
  • Aktuell informiert sein
  • Wissen sicher vermitteln
Mehr erfahren