Was Pflegekräfte bei der lokalen Behandlung von Wunden beachten sollten

Je nach Wundart ist die Lokalbehandlung der chronischen Wunde verschieden. Dennoch gibt es ganz allgemeine Prinzipien, die bei der Versorgung aller chronischen Wunden eine Rolle spielen. Im Folgenden wird auf die einzelnen Maßnahmen eingegangen, und es werden die am meisten in der Praxis verwendeten Produktgruppen beschrieben.

Wundspülung:

Zunächst ist es wichtig, die Wunde zu spülen, um Nekrosepartikel, überschüssiges Sekret, Beläge, Zelltrümmer oder auch den Biofilm (Bakterien, die in Gemeinschaft vorwiegend auch in chronischen Wunden leben und sich vermehren) zu entfernen. Die Wundspülung ist ein wichtiger Bestandteil zu Beginn eines jeden Verbandwechsels. Außerdem kann die Wunde nach dem Spülen besser beurteilt und eingeschätzt werden. Es gibt Voraussetzungen, die eine Wundspüllösung erfüllen muss: sie sollte farblos, reizlos, steril und atraumatisch sein. Wichtig ist, dass die Haltbarkeit der jeweiligen Produkte eingehalten wird. Eine konservierte Wundspüllösung ist ca. vier bis acht Wochen haltbar, hingegen sollten die Ringer- und physiologischen Kochsalzlösungen sofort aufgebraucht werden. Um Kontaminationen und Verunreinigungen zu vermeiden, sollten kleine Produktgrößen verwendet und Lösungen niemals nachgefüllt werden. Die Einwirkzeit von drei Minuten ist einzuhalten. Falls vom Arzt keine Wundspüllösung angeordnet wird, kann in seltenen Fällen das Abduschen der Wunde auch eine Möglichkeit darstellen, die Wunde zu reinigen. Dennoch ist diese Methode problematisch, da bereits am Duschkopf oder in den Wasserleitungen Keime vorliegen können (das RKI rät davon ab). Von einem Wundbad kann generell abgeraten werden.

Die Produkte Ringerlösung® und Kochsalzlösung werden als Spüllösungen verwendet. Doch ist zu beachten, dass es beim Einsatz von NaCl zu Elektrolytverschiebungen kommen kann. Weitere Produktbeispiele sind das Prontosan® und Octenisept®, wobei beide Präparate konservierte, nicht alkoholische Spüllösungen sind, desinfizierend wirken und als offizielle Spüllösungen bekannt sind. Wichtig ist, die Lösung zum Spülen auf Körpertemperatur anzuwärmen, um Kältereize in der Wunde zu vermeiden.

Indikation von Antiseptika:

Bei infizierten oder potentiell infizierten Wunden ist das Verwenden von Antiseptika anzuraten, um die Wunde zu desinfizieren. Diese sollten den gleichen Anforderungen wie eine Spüllösung entsprechen und über ein großes Keimspektrum verfügen. Auch hier sind die oben genannten Produkte zu empfehlen. Ebenfalls wirkungsvoll sind Produkte auf der PVP-Jodbasis (Braunovidon®, Betaisadona®). Ein Nachteil dieser Produkte sind Verfärbungen. Häufig sind auch Schmerzen die Folgen. Wasserstoffperoxid wird als Wundspüllösung oder Antiseptikum nicht mehr verwendet. Lokale Antiseptika in Form von silberhaltigen Wundauflagen sind indiziert.

Wundreinigung (Débridement):

Wenn Nekrosen, Beläge, Fremdkörper, Exsudat oder anderes avitales Gewebe den Wundgrund bilden, muss dies entfernt werden, da sonst neues Gewebe nicht gebildet und Infektionen unbemerkt fortschreiten können. Auch für eine adäquate Einschätzung und Beurteilung der Wunde muss der Wundgrund sauber sein. Mit Hilfe dieser Wundreinigung, auch Wundsäuberung oder Wundtoilette genannt, wird die Reinigungsphase unterstützt.

Unter Débridement versteht man eine Wundsäuberung. Hier wird abgestorbenes Gewebe aus der Wunde mittels medizinischem Vorgehen entfernt. Ziel ist es dabei, die Wundbeobachtung zu gewährleisten, den Heilungsprozess in die Wege zu leiten, eine sekundäre Infektion des verbliebenen, noch vitalen Gewebes zu verhindern und eine Sepsis zu stoppen.

Verschiedene Arten des Débridements:

a) mechanisches Débridement:

Mittels steriler Kompressen wird die Wunde ausgewischt. Dadurch sollen Beläge entfernt und die Wunde gesäubert werden. Allerdings kann es bei dieser mechanischen Vorgehensweise durch Reibung und Druck zu Schmerzen kommen bzw. neues granulierendes oder epithelisierendes Gewebe kann zerstört werden. Besser ist es, sterile, mit Wundspüllösung getränkte Kompressen auf die Wunde aufzulegen, ein paar Minuten einwirken zu lassen und dann die Kompressen wieder abzunehmen. Auch dabei können kleine Beläge entfernt werden.

b) chirurgisches Débridement:

Das chirurgische Débridement ist die schnellste und effektivste Methode, Nekrosen, Beläge oder Anderes aus der Wunde zu entfernen. Meist unter lokaler oder systemischer Anästhesie wird die Wunde mittels Skalpell, Kürette oder Pinzette gereinigt (Achtung: keine Schere verwenden, diese kann das Gewebe zerquetschen!). Es ist wichtig zu wissen, dass dies eine ärztliche Tätigkeit ist, das Pflegepersonal kann hierzu nur Empfehlungen aussprechen oder die Tätigkeit vom Arzt delegiert bekommen.

c) enzymatisches Débridement:

Enzyme haben die Eigenschaft, avitales Gewebe abzubauen. Dies wird hier genutzt. In Zusammenarbeit mit bestimmten Proteinen werden Nekrose, Zelltrümmer oder Beläge flüssig gemacht und somit aufgeweicht. Diese Methode der Wundreinigung ist jedoch nur bei feuchten Wunden indiziert. Enzyme haben eine kurze Wirkdauer, sodass der Verbandwechsel mindestens einmal täglich neu gemacht werden muss und dies folglich mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Beispiele für Enzymprodukte sind Iruxol® und Varidase®.

d) biochirurgisches Débridement:

Hiermit ist die sogenannte Madentherapie mit steril gezüchteten Maden (Lucilia sericata = gefräßige Lucy)gemeint. Diese geben ihren Speichel an die Wunde ab und Beläge und Nekrosen werden dadurch verflüssigt. Das Besondere ist, dass durch die extrakorporale Verdauung die Maden in der Lage sind, vitales Gewebe von avitalem zu unterscheiden. So werden keine gesunden Hautschichten aufgeweicht. Dies ist indiziert bei großen Wundflächen. Der Betroffene kann Juckreiz, Kribbeln oder auch Schmerzen verspüren. Sehr positiv an dieser Reinigung ist auch, dass es zur Keimabtötung und Stimulation der Wundheilung kommt.

e) autolytisches Débridement:

Neben Hydrokolloidverbänden und hydroaktiven Wundauflagen zur Nasstherapie werden sehr häufig Hydrogele beim autolytischen Débridement verwendet.

Hydrogele bewirken das Verflüssigen von Nekrosen, absorbieren Zelltrümmer sowie Bakterien und fördern zudem die Reepithelisierung. Auch das Befeuchten von trockenen Wunden kann damit erreicht werden. Hydrogele bestehen zu 77,7% aus Wasser sowie aus Gelbildnern und Alkohol. Sie sind nicht wasserlöslich und haben eine relativ lange Wirkdauer von bis zu drei Tagen. Oft kann durch die Wirkung der Hydrogele eine stagnierende Wundheilung in einen dynamischen Prozess der Heilung umgewandelt werden. Die Hydrogele werden auf die betroffenen Stellen aufgetragen (sie können auch an schwierigen Körperstellen gut aufgetragen werden) und benötigen dann einen Sekundärverband. Dieser ist abhängig von der Exsudatmenge, dem Stadium der Wundheilung oder einer eventuellen Infektion. Dieses Vorgehen der Wundreinigung ist sanft, schonend und schädigt nicht das gesunde Gewebe. Wichtig ist, dass Hydrogele nicht auf gesundes Gewebe aufgetragen werden, da dies aufgeweicht werden könnte. Beispiele für Hydrogele sind das Nugel® oder Suparsorb G®.

f) Ultraschall assistierte Wundreinigung (UAW):

Dabei werden mittels niederfrequentem Ultraschall Nekrosen und Beläge gelöst und danach mit einer Wundspüllösung ausgeschwemmt. Diese Methode ist für den Betroffenen sehr schmerzhaft und apparativ eher aufwändig. Auch kann sie zu einer Keimverschleppung führen.

Welche Methode gewählt wird, ist abhängig vom Gewebstyp, -quantität, -lokalisation sowie dem Exsudataufkommen und der Wundtiefe.

Spezielle Maßnahmen:

Es ist zu beachten, ob eine Infektion der Wunde vorliegt oder nicht. Können die Kardinalssymptome einer Entzündung (Funktionseinschränkung, Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerz) festgestellt werden, tritt Eiter aus der Wunde oder liegt unangenehmer Geruch vor, so ist die Wunde infiziert. Auch Fieber des Betroffenen kann auf eine Infektion der Wunde hindeuten. Dann muss über eine Behandlung mit Silberprodukten und/oder Alginaten (siehe nächste Seite) nachgedacht werden. Bei besonderem Geruch empfiehlt es sich, Aktivkohlekompressen einzusetzen. Es ist jedoch unbedingt abzuklären, woher der Geruch kommt.

Einteilung der Keimbesiedelung:

  • Eine Keimbesiedelung ohne Keimvermehrung nennt man Kontamination.
  • Eine Keimvermehrung ohne Schädigung der Umgebung nennt man Kolonisation.
  • Wenn pathogene Keime vorhanden sind, keine Heilungstendenz festgestellt werden kann und die Bakterien einen Biofilm bilden, spricht man von der kritischen Kolonisation.
  • Eine Lokalinfektion liegt vor, wenn es sich um eine kritische Kolonisation mit den klassischen Entzündungszeichen handelt.
  • Dringen die Erreger in den gesamten Organismus ein, so kommt es zur systemischen Infektion (Sepsis).

Die Bakterien verzögern die Wundheilung durch ein Zerstören gesunder Zellen und indem sie Giftstoffe in das gesunde Gewebe abgeben. Dadurch bilden sich Eiter und Nekrosen. Es kann auch zur Freisetzung von Toxinen (Giften) in den Blutkreislauf kommen. Durch diese Einflüsse der Bakterien kann es zum Stillstand oder auch zur Verschlechterung der Wundheilung kommen, es können Schmerzen auftreten oder die Wundbeschaffenheit verändert sich gänzlich. Beispielsweise können Verfärbungen der Wunde auftreten, vermehrte Exsudation oder auch die Bildung von Taschen am Wundrand.

Die Infektionsbehandlung erfolgt mittels silberhaltigen Produkten.

Ist die Wunde zudem noch unterminiert, zerklüftet oder geht in die Tiefe, dann muss ein Alginat (immer in Form einer Tamponade) angewendet werden.

Je nach Wundheilungsphase ist das Exsudataufkommen unterschiedlich. Um eine gute Wundheilung herbeizuführen, darf die Wunde weder zu trocken, noch zu feucht sein. Wenn die Exsudatmenge zu groß ist, wird der Heilungsprozess erschwert und es besteht das Risiko, dass die Umgebungshaut mazeriert (aufweicht). Es sollte ein geeigneter Sekundärverband ausgewählt werden.

Primär- und Sekundärverband:

Der Primärverband hat immer Kontakt zur Haut. In manchen Fällen wird eine zusätzliche Fixierung benötigt. Diese zweite Abdeckung nennt man Sekundärverband.

Wundauflagen:

Die zwei häufigsten Varianten zur Wundabdeckung in der modernen Wundversorgung sind der Hydrokolloidverband und der Hydropolymerverband/Polyurethanschaum. Beide Verbände haben die

Aufgabe ein idealfeuchtes Milieu im Wundgebiet aufrechtzuerhalten, den Gasaustausch möglich zu machen, überschüssiges Exsudat aufzunehmen, die Wunde vor Infektionen und Temperaturschwankungen zu schützen und für den Betroffenen einen atraumatischen Verbandwechsel zu gewährleisten. Dabei ist zu beachten, dass es um eine ideale Abdeckung der jeweiligen Wunde geht, aber auch die Kosteneffizienz nicht außer Acht gelassen werden soll. Die Wundauflagen zur modernen Wundversorgung sind in der Einzeldosis erheblich teurer als konservative Wundverbände, gleichzeitig sind bei modernen Produkten in der Regel deutlich weniger Verbandwechsel nötig. Dadurch können die Kosten wiederum gesenkt werden. Ein Vergleich von traditioneller und moderner Wundbehandlung hinsichtlich der Kosten und Nutzen ist höchst interessant, kann jedoch an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.

Hydrokolloidverband:

Dieser besteht aus wasserabweisender Polymermatrix (ist für bestimmte Ionen durchlässig, nicht aber z.B. für Wasser) und hydrophilen (wasseranziehenden) Teilchen und ist geeignet für mäßig bis schwach exsudierenden Wunden. Hydrokolloide nehmen nur in geringem Maße Flüssigkeit auf, und sind für die Förderung der Granulation, Feuchthalten der Wunde, Aufnahme der Zelltrümmer und Schutz der Wunde verantwortlich. Die Betroffenen können mit dieser Wundauflage, die sowohl als Primär- als auch als Sekundärverband verstanden werden kann, baden oder duschen. Der Hydrokolloidverband kann bis zu sieben Tage während der Granulations- oder Epithelisierungsphase auf der Wunde verbleiben, wobei er beim Aufnehmen des Exsudats ein gelbliches Gel in Form einer Blase bildet

Hydropolymerverband/Polyurethanschaum:

Er besteht aus feinporigem Polyurethanweichschaum und kann das bis zu 30-fache seines Eigengewichts an Wundsekret aufnehmen. So hat er die Aufgabe Bakterien und Zelltrümmer zu absorbieren, die Wunde vor externen Traumata und Infektionen zu schützen und die Granulation zu stimulieren. Durch seine Eigenschaft ist ein Gasaustausch möglich und ein gleichbleibendes warm-feuchtes Wundklima wird gefördert. Auch diese Wundabdeckung kann bis zu sieben Tage auf der Wunde verbleiben und ist als Primär- und Sekundärverband geeignet. Der Polyurethanschaum ist besonders indiziert unter Kompressionsverbänden. Wichtig ist, dass der Polyurethanschaum kontraindiziert ist bei schwach bis mäßig exsudierenden Wunden.

Die Wundauflage muss immer der Beschaffenheit und dem Aussehen der Wunde angepasst werden. Dies bedeutet, dass während eines Wundheilungsprozesses unterschiedliche Wundauflagen zum Einsatz kommen müssen. Die Hersteller bieten zu jeder Art von Wundauflage (z.B. Alginate, Hydrokolloidverbände etc.) verschiedene Produkte an, die hier nur beispielhaft erwähnt sind. Es ist sinnvoll, Produkte unterschiedlicher Hersteller in der Einrichtung zu testen, da die Produkte zwar in der Wirkung vergleichbar sind, sich jedoch in der Anwendung Vorlieben ergeben können. So bevorzugen z.B. manche Pflegekräfte das Hydrogel in Gel-Form, andere wiederum als Hydrogelauflage.

Hautpflege und Hautschutz

Um den Säureschutzmantel der Haut zu schonen, sollte bei der Hautreinigung und -pflege auf hautneutrale, leicht saure Syndets (synthetische waschaktive Substanzen, Abgrenzung zur Seife) ausgewichen werden. Eine Waschung ohne Zusätze ist im Normalfall völlig ausreichend. Besonders zu empfehlen ist beispielsweise die Verwendung von Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O), Dexpanthenolpräparaten, Produkten mit Urea (= Harnstoff) etc. Hier gilt die Regel, so viel wie nötig, so wenig wie möglich zu verwenden.

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