Pflegewissen für die Praxis

Wie Sie als Pflegekraft Unterschenkelgeschwüre (Ulcus cruris) erkennen und behandeln

Es gibt verschiedene Arten chronischer Wunden. Für die Pflegekraft ist es wichtig, bei einer vorliegenden chronischen Wunde vom Arzt die korrekte Diagnose einzuholen, um eine fachgerechte Therapie durchführen zu können.

Beispielsweise ist es bei dem einen Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris venosum) wichtig, den Druck auf die Venen zu erhöhen, d.h. eine Kompression herzustellen; bei dem anderen Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris arteriosum) ist dies jedoch sogar kontraproduktiv. Bei einer chronischen Wunde sind drei Grundbausteine erforderlich, um fach- und sachgerecht vorzugehen:

  • eine korrekte Differentialdiagnostik und Anamnese
  • eine darauf aufbauende lokale Wundtherapie, speziell für diese Wundart
  • eine ebenfalls auf die Diagnose basierende Kausaltherapie

Diese Wunden sind oft das Ergebnis bestimmter Grunderkrankungen, wie Diabetes mellitus, Venenleiden, die periphere Verschlusskrankheit oder auch Tumore, die bereits über Jahre bestehen. Da gerade ältere Menschen oft von diesen Krankheiten betroffen sind, findet man chronische Wunden in der Geriatrie sehr häufig.

Das Ulcus cruris ist ein Geschwür, das am Unterschenkel lokalisiert ist und die häufigste chronische Wunde darstellt. Es entsteht durch krankhafte Veränderungen im arteriellen und venösen Gefäßsystem. Man unterscheidet zum einen das Ulcus cruris venosum (ca. 72%), das als häufigste Ursache die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) hat, zum anderen das Ulcus cruris arteriosum (8%), das am häufigsten durch die Arteriosklerosis obliterans verursacht wird. Des Weiteren gibt es Ulcera crurum anderen Ursprungs (mixtum und andere). In Deutschland leben ca. 80000 Menschen mit einem Ulcus cruris venosum, wobei sich das Risiko mit zunehmendem Alter erhöht und besonders Frauen betroffen sind. Da die Rezidivrate sehr hoch ist und sich die Therapie über Jahre erstrecken kann, gilt es gerade bei diesen Wunden nicht nur die Versorgung und Abheilung, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen als Ziel im Blick zu halten. 4/5 der Unterschenkelgeschwüre befinden sich an der Knöchelinnenseite, wobei großflächige Ulcera oft schmerzfrei sind, da die Nerven bereits zerstört sind.

Ulcus cruris venosum (venöses Unterschenkelgeschwür)

Ungefähr 72% der Menschen mit einem Unterschenkelgeschwür leiden an einem Ulcus cruris venosum. Die häufigste Ursache ist die CVI. Die chronisch venöse Insuffizienz wird verursacht durch z.B. Thrombose der tiefen Beinvenen (Phlebothrombose), Krampfaderleiden (primäre Varikosis), akute Thrombose oder Entzündung der oberflächlichen Venen (oberflächliche Thrombophlebitis) bzw. andere großflächige Verletzungen der Venen.

CVI (chronisch venöse Insuffizienz)

Hier kommt es zu einer Störung des Stoffwechsels in der Cutis und der Subcutis. Weil die Gefäße geschädigt sind und die Venenklappen nicht mehr funktionieren (sie sind krankhaft erweitert oder schließen nur noch unzureichend), wird das Blut nicht oder nur noch unzureichend zum Herzen zurücktransportiert. Später tritt Eiweiß in das Gewebe aus. Hierdurch wird der Austausch von Sauerstoff verhindert, was zur Hypoxie (Sauerstoffmangel) im Gewebe führt und den Zelltod zur Folge hat.

Wichtige Fakten zum Ulcus cruris venosum:

  • Eine ausführliche Anamneseerstellung ist wichtig für die Diagnosestellung und den Heilungsverlauf.
  • Basisdiagnostik mittels verschiedener Untersuchungen: Auskultation (Abhören) der Gefäße, Pulsmessung, Palpation (Abtasten des Unterschenkels), Blutbilderstellung, Inspektion der Haut, neurologische Untersuchung, Wundabstrich, Sonographie, Röntgen etc.
  • Komplikationen können sein: Infektionen, Erysipelbildung, Allergien, Ekzeme, Karzinomentwicklung
  • Mögliche Therapien: Wenn möglich die Grunderkrankung beheben oder behandeln, evtl. invasive oder chirurgische Eingriffe vornehmen, Kompressionstherapie (stellt gleichzeitig die wichtigste Rezidivprophylaxe und Prävention dar; siehe Kapitel 2.5.2), Beine hochlagern (Vorsicht bei Herzinsuffizienz), Aktivierung der Muskel-Sprunggelenk-Pumpe, moderne feuchte Wundbehandlung, Lymphdrainage, medikamentöse Therapie, Schmerztherapie, Einsatz von Hilfsmitteln, Hautpflege, evtl. Wundmanager/Wundexperte einschalten (oft sind Hausärzte dankbar für externe Ratschläge zur Wundversorgung)
  • Für die Rezidivprophylaxe ist anschließend zu beachten: Kompressionstherapie, Förderung der Beweglichkeit der Beine und Füße, Hautbeobachtung und -pflege, Venenkontrolle, Einhalten einer gesunden Ernährung, Medikamentenkontrolle und Schutz vor Verletzungen

Ulcus cruris arteriosum

Das Ulcus cruris arteriosum entsteht überwiegend durch eine periphere Arterielleverschlusskrankheit (pAVK). Schon kleinste Verletzungen können bei Menschen, die an einer pAVK leiden, zu einem Ulcus führen. Wenn die Durchblutungsstörungen sehr schwerwiegend sind, können Nekrosen entstehen.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) bedeutet Veränderungen des arteriellen Gefäßsystems in der Peripherie. Durch unterschiedliche Gründe (Cholesterin, Rauchen, Adipositas, zu hohe Blutzuckerwerte) sind die Gefäße verengt, was bis zum Verschluss führen kann. Durch den Sauerstoffmangel kommt es zum Gewebeuntergang.

Um ein adäquates Wundmanagement durchführen zu können, muss bei einem Ulcus besonders darauf geachtet werden, dass ein venöses Geschwür von einem arteriellen unterschieden wird.

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