Pflege-Fachwissen: Wie funktioniert praktisches Wundmanagement?

Dass unter einer professionellen Versorgung einer chronischen Wunde mehr zu verstehen ist, als nur das Wechseln von Verbänden, ist für alle Pflegefachkräfte zwischenzeitlich selbstverständlich. Aber welche ganz konkreten Schritte müssen bei einer wirkungsvollen Wundversorgung berücksichtigt werden?

Ein modernes Wundmanagement beginnt heute mit einer umfassenden Anamnese der Wundsituation und der gesundheitsbezogenen Lebenssituation des Betroffenen. Es erstreckt sich über die konkrete Wundversorgung mit Verbandwechsel (sowie den damit verbundenen hygienischen Anforderungen) und endet mit der Dokumentation, die heutzutage den strengen Richtlinien des MDK stand halten muss.

Organisation der Wundversorgung

Ganz allgemein kann man sagen, dass bei der Behandlung von Menschen mit chronischen Wunden spezielle Wundteams zu empfehlen sind. Ein mulitdisziplinäres Team unter der Mitwirkung von Fachärzten, Podologen, Diätassistenten und speziell ausgebildeten Pflegekräfte erscheint sinnvoll. Den pflegerischen Wundexperten kommt nicht nur die lokale Behandlung zu, sondern auch die Prophylaxe, Schulung und Information der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Wenn eine Einrichtung auf diese Weise im multiprofessionellen Team arbeitet, kann eine verbesserte Wundbehandlung mit ansteigender Heilungsrate verzeichnet werden.

Es kommt zur Abnahme von Behandlungsfrequenzen und speziell beim Ulcus cruris zu einem verstärkten Einsatz der Kompressionstherapie. Außerdem können durch die Beteiligung der verschiedenen Arbeitsgruppen nachweislich die Kosten gesenkt und Krankenhausaufenthalte verringert werden. Es ist demnach wichtig, die Organisation der Wundversorgung zu optimieren, damit positive Behandlungsergebnisse erzielt werden können.

Grundlage des Wundmanagements: Assessment zur Lebensqualität

Ein Assessment – zu Deutsch eine Einschätzung, Beurteilung oder Abwägung – soll dabei helfen Wege zu planen und einzuleiten, die die Situation der Erkrankten verbessern. Neben der Einschätzung der individuellen Wundsituation ist allerdings auch eine Beurteilung der jeweiligen gesundheitsbezogenen Lebenssituation grundlegend. Schließlich möchte der Betroffene in seiner Ganzheit in die Versorgung miteinbezogen und nicht ausschließlich über seine chronische Wunde definiert werden.

Fachexperten sind sich hierbei einig: Ein Therapieerfolg kann nur dann nachhaltig erzielt werden, wenn neben der Behandlung der Symptome der ganze Mensch berücksichtigt wird. Zu dieser Ganzheitlichkeit gehören – von Person zu Person unterschiedlich – auch Aspekte wie die psychische Stimmung, vorhandene Ängste, Einschränkungen des täglichen Lebens oder gar soziale Isolation. Diese möglichen Begleiterscheinungen einer chronischen Wunde – müssen im Rahmen der Therapie zunächst erkannt und in diese mit einbezogen werden. Denn mit jeder chronischen Wunde und deren Therapie sind körperliches Leid sowie Einschränkungen der Selbständigkeit für die Betroffenen verbunden. Verschiedene aus der Wunderkrankung resultierenden Hemmnisse wie Schmerzen, Mobilitätseinschränkungen oder Belastungen durch Wundgeruch schränken die Lebensqualität der Patienten/Bewohnern ein.

Zur Einschätzung der Lebensqualität und der vorhandenen Ressourcen zur Selbstpflege eignen sich zwei Assessment-Instrumente: der „Würzburger Wundscore“ beziehungsweise der „Wittener Aktivitätenkatalog der Selbstpflege bei venös bedingt offenen Beinen“. Mit Hilfe des Würzburger Wundscore (www.tricks-zur-wundversorgung.de) kann eine Selbsteinschätzung des Betroffenen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Diabetischem Fußsyndrom, Ulcus cruris venosum, arteriosum und mixtum und Dekubitus durchgeführt werden. Diese Selbsteinschätzung kann helfen, bei Patienten/Bewohnern mit Beinwunden die Auswirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu erkennen und durch wiederholte Anwendung des Instruments einen Verlauf festzustellen. Der Würzburger Wundscore enthält 19 Einzelfragen, die der Betreffende mit „nicht“, „wenig“, „mäßig“, „ziemlich“ und „sehr“ beantworten kann. Es werden u.a. zu folgenden Themengebieten Fragen gestellt: Schmerzen im Bereich der Wunde, wundbedingte Schlafstörungen, Heilungsüberzeugung etc.

Außerdem kann der sogenannte Wittener Aktivitätenkatalog der Selbstpflege bei venös bedingten offenen Beinen in der Anamnese eingesetzt werden. Er dient der Erfassung der sogenannten gesundheitsbezogenen Selbstpflegefähigkeiten und -defiziten des Betroffenen. Dieser kann hilfreich zur Strukturierung von Beratungsgesprächen in der Pflege sein, da durch die Beantwortung der dort formulierten Fragen Rückschlüsse und Gründe, zum Beispiel für die Nicht-Ausführung bestimmter Maßnahmen, erkennbar werden.

Beide Instrumente werden im Expertenstandard zur Pflege von Menschen mit chronische Wunden empfohlen.

Setzen Sie im Rahmen der Behandlung von Menschen mit chronischen Wunden bei der Anamnese zusätzlich das Instrument „Würzburger Wundscore“ ein. Somit können Sie die Auswirkungen der Wundsituation auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität des Betroffenen erfassen und ggf. entsprechende Maßnahmen einleiten bzw. den Patienten entsprechend schulen und aufklären. Es kann entscheidend zum Therapieerfolg beitragen, wenn der Betroffenen mit seiner gesamten Situation – und nicht nur der lokalen Wunde – in die Versorgung mit einbezogen wird.

Die Lebensqualität eines an einer chronischen Wunde leidenden Menschen wird natürlich maßgeblich dadurch beeinflusst, wie das versorgende Pflegepersonal mit ihm umgeht. Dabei kann vieles falsch gemacht werden. Stellen wir uns einfach vor, wie es uns selbst ginge, wenn wir in der Situation der Patienten/Bewohner wären. Wie würde es uns gehen, wenn die Versorgung menschliche Zuwendung zu wünschen übrig lassen würde und man den Eindruck hätte, hier wird nur eine Wunde und nicht der gesamte Mensch in seiner Ganzheit in der Versorgung berücksichtigt.

Pflegefachkräfte sollten bei der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden dafür Sorge tragen, dass sie deren Lebensqualität nachhaltig positiv beeinflussen. Folgende Verhaltensregeln, die im Umgang mit Betroffenen zu berücksichtigen sind, können einen Beitrag dazu leisten:

  • Informieren Sie den Betroffenen über das Vorhaben, wie beispielsweise den anstehenden Verbandwechsel. Erklären Sie die Vorgehensweise Schritt-für-Schritt in einfachen und verständlichen Worten.
  • Achten Sie auf die verbalen wie nonverbalen Zeichen des Betroffenen während der einzelnen Pflegemaßnahmen, ggf. sind Pausen notwendig.
  • Kündigen Sie an, wenn Sie die Wunde behandeln.
  • Vermeiden Sie Sätze, wie z.B. „Das sieht ja schlimm aus!“ oder „Das stinkt ja übel!“.
  • Weisen Sie ggf. darauf hin, dass moderne Wundauflagen nicht täglich gewechselt werden müssen. Betroffene könnten sonst den Eindruck haben, man hätte sie vergessen und man würde sich nicht um sie kümmern.
  • Weisen Sie den Betroffenen darauf hin, dass er Ihnen Veränderungen, wie beispielsweise Schmerzen nach dem Verbandwechsel, mitteilt. Der Patient hat so das Gefühl, aktiv am Therapieerfolg mitzuwirken.
  • Nehmen Sie sich, z.B. bei einem Verbandwechsel, die Zeit mit dem Betroffenen ein ruhiges Gespräch zu führen. Ggf. erhalten Sie dadurch Informationen, die für die weitere Behandlung notwendig sind.

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