Bundeskabinett verabschiedet neues Pflegegesetz – welche Verbesserungen sind zu erwarten?

Anfang August hat das Bundeskabinett unter dem Namen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das die Personalnot in der Pflege mildern soll. Kritiker vermissen den großen Wurf und sehen nicht nur Mängel bei der Finanzierung.

Nur ein erster Schritt

Gesundheitsminister Jens Spahn spricht von einer Vertrauenskrise in der Pflege und von 50.000 Pflegekräften, die Deutschland benötige, die aber akut fehlen. Seine Gesetzesvorlage sei ein erster Schritt aus der Personalnot und der sich daraus ergebenden angespannten Arbeitssituation vieler Pflegekräfte. Ihm müssen aber, gab der Minister zu verstehen, weitere effektive Schritte folgen. Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wird nun nach der Sommerpause parlamentarisch beraten und soll, wenn alles nach Plan läuft, zum 1. Januar 2019 wirksam sein.

Die gesetzlichen Kassen sollen zahlen

In seinen Grundzügen sieht das neue Pflegegesetz die Schaffung von 13.000 neuen Stellen in der Altenpflege vor, die von den gesetzlichen Krankenkassen vollständig bezahlt werden. Hier geht Spahns Ministerium von einem jährlichen Kostenrahmen von rund 640 Millionen Euro aus. Bis einschließlich 2022 wird das ehrgeizige Vorhaben über acht Milliarden Euro kosten. Für den Gesundheitsminister kein Problem. Er verweist auf die konjunkturbedingt hohen Rücklagen der Kassen und mahnt an, diese Überschüsse sinnvoll in eine verbesserte Pflegeversorgung zu investieren.

Prompt kam Kritik aus den Verbänden, die hervorheben, dass die Kosten von Spahns Plänen fast zur Gänze von den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgebracht werden müssten, also ein gravierendes Ungleichgewicht in der Lastenverteilung bestehe. Neben diesen Punkten sind außerdem Tarifsteigerungen in der Pflege geplant.

Personaluntergrenzen für Krankenhäuser

Das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz will auch die prekäre Situation in den Krankenhäusern verbessern. Dies soll ab 2020 mit der Einführung von Personaluntergrenzen erreicht werden. Spahn will die Krankenhäuser damit vor die Wahl stellen, entweder mehr Pfleger einzustellen oder weniger Patienten zu behandeln. Krankenhäuser, die zu wenige Pflegekräfte auf der Gehaltsliste haben, müssten dann mit Honorarkürzungen rechnen. Wo die Messlatte für die Bestimmung der Personalgrenze angelegt werden soll, ist noch nicht entschieden.

Spahn sieht sich auch hier mit Einwänden der Opposition, von Verbänden und Marktbeobachtern konfrontiert. Hauptkritikpunkt ist dabei der Hinweis auf den leergefegten Arbeitsmarkt für Pflegekräfte. Die ins Auge gefassten Zuwachszahlen ließen sich nicht herbeizaubern, weshalb der Pflegeberuf an sich attraktiver gemacht werden müsse.

Eine wichtige Maßnahme sei zudem – wie in unserem Blog bereits berichtet – die Erleichterung für eine Zuwanderung von Pflegekräften aus anderen Ländern. Dem soll auch die konzertierte Aktion Pflege dienen, die Spahn gemeinsam mit seinen Ministerkollegen Heil und Giffey ins Leben gerufen hat. Auf dem Aktionsprogramm steht an prominenter Stelle das gezielte Anwerben von Pflegekräften aus Balkanstaaten wie Albanien und Kosovo.

Abschaffung des Pflegezuschlags

Auf dem Weg vom Referentenentwurf zum Kabinettsentwurf erfuhr das PpSG einige Veränderungen. So soll etwa ab 2020 der Pflegezuschlag entfallen – ein Posten von 500 Millionen Euro. Dieser hatte erst 2017 den Versorgungszuschlag abgelöst, mit dem die Krankenhäuser seit 2013 für die Mehrleistungsabschläge entschädigt wurden. Kein Wunder, dass die Krankenhäuser, die den ersten Gesetzentwurf noch willkommen hießen, nun bei der Kabinettsfassung ihre Ablehnung zeigten. Tritt das Gesetz wie vorgesehen in Kraft, wären die Mittel der Krankenhäuser ab 2020 um eine halbe Milliarde Euro gekürzt.

Krankenhaussprecher sehen darin einen auffallenden Widerspruch zu der angekündigten Verbesserung ihrer Lage und fühlen sich gezwungen, die strengen Vorgaben des neuen Gesetzes im Personalsektor aus eigenen Kräften zu stemmen. Der Marburger Bund monierte zudem, dass die beabsichtigte Steigerung des Tariflohns im Pflegedienst vollumfänglich durch die Krankenkassen refinanziert werden soll, nicht aber die Tariflohnsteigerung im ärztlichen und nichtärztlichen Dienst. Hier sollen die Aufwendungen der Kassen nur 50 Prozent decken.

Und auch die im Gesetz geplante Herauslösung aus der Fallpauschale beschränke sich allein auf Pflegekräfte. Die Dynamik aus Befürwortung und Kritik wird wohl dafür sorgen, dass das Eisen noch eine Zeitlang heiß bleiben wird, aus dem dieses Gesetz geschmiedet wird.

Zurück

Hier bloggt die Redaktion Fachkompetenz Pflege des Verlags Mensch und Medien

Folgen Sie uns:  twitter

Professionelle Altenpflege
Das kompetente Wissensportal

Mehr erfahren

  • Expertenwissen praktisch nutzen
  • Zeitsparend arbeiten
  • Aktuell informiert sein
  • Wissen sicher vermitteln
Mehr erfahren