Pflege in der Praxis

Notfallmanagement in der Pflege – wie Sie kritische Situationen souverän meistern

Das Thema Notfallmanagement hat sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Pflege eine hohe Relevanz. Ganz abgesehen davon, dass es MDK-prüfungsrelevant ist, ein schlüssiges Konzept zum Umgang mit Notfällen zu haben, erfordern moralische und gesetzliche Maßstäbe, sich mit dem Thema nachhaltig auseinanderzusetzen. Und gerade im Sommer ist das Risiko besonders hoch.

Ohnmacht, Schock, Vergiftungen – wer vorbereitet ist, kann Leben retten

Leider verlassen sich nicht nur im Alltag oder im Straßenverkehr noch immer zu viele Menschen darauf, dass schon nichts passieren werde. Auch in der Pflege wird nach wie vor zu häufig verdrängt, welchen Gefahren und Risiken man gerade im Umgang mit alten und gebrechlichen Menschen begegnen kann. Gerade in der ambulanten Pflege, zu Hause, in betreuten Wohngruppen oder Wohngemeinschaften ist die Infrastruktur oft unzureichend darauf ausgelegt, auf Notsituationen schnell adäquat zu reagieren.

Um vorbereitet zu sein, muss man sich zunächst vor Augen halten, was alles passieren kann. Beispielsweise:

  • Verdacht auf Knochenbrüche
  • Vergiftungen, Verätzungen, Verbrennungen
  • Wunden
  • Blutungen
  • Schock
  • Bewusstlosigkeit
  • Störungen von Atmung und Kreislauf

Die wichtigste Maßnahme, um im Notfall schnell und richtig reagieren zu können, ist eine gute Vorbereitung auf den Fall der Fälle. Hierauf sollten Träger, Leitung und Verantwortliche besonders achten:

  1. Sind alle Mitarbeiter*innen in Sachen Erste-Hilfe-Schulungen auf einem aktuellen Stand? Wer keine medizinische Fachausbildung hat, benötigt als Ersthelfer*in einen 16-stündigen Grundkurs und anschließend alle zwei Jahre einen achtstündigen Auffrischungskurs. Das gilt übrigens auch für Fachkräfte.
  2. Sind an allen Einsatzorten vollständige und sachgerecht ausgestattete Erste- Hilfe-Kästen vorhanden? Wissen alle eingesetzten Pflegekräfte über Standort und Ausstattung der Erste-Hilfe-Stationen Bescheid? Hierauf ist besonders bei ambulanten Pflegeeinsätzen verstärkt zu achten.
  3. Sind alle Pflegekräfte mit den individuellen Risikofaktoren ihrer jeweiligen Pflegekunden vertraut? Gibt es zum Beispiel Allergien? Spezielle medikamentös bedingte Risiken? Sind eventuell besondere Vorkommnisse in der Vorgeschichte bekannt? Gerade bei Demenzpatienten darf das Risiko der Unterkühlung (Hypothermie) in der kalten Jahreszeit nicht unterschätzt werden.

Achtung Lebensgefahr – der anaphylaktische Schock und was zu tun ist

Der anaphylaktische Schock ist die schwerste Form einer allergischen Reaktion. Dabei kommt es nach Kontakt mit einem Allergen zu akutem Kreislaufversagen, das ohne ärztliche Hilfe tödlich enden kann. Solche Schockreaktionen können innerhalb von Minuten auftreten. Daher ist es immens wichtig, die Symptome zu erkennen und richtig zu deuten, um rechtzeitig den Notarzt rufen und informieren zu können. Neben den typischen Allergiesymptomen wie Niesen und laufende Nase, Kribbeln am Kopf, in den Händen oder im Mund, sollten Sie folgende Anzeichen erkennen und ernst nehmen:

  • Schwellungen im Gesicht, vor allem an Zunge, Lippen und Augenlidern
  • Schwindel
  • Schweißausbruch
  • Übelkeit, Erbrechen, Frösteln, Kältegefühl
  • Quaddeln, Flecken auf der Haut
  • Atemnot
  • Herzjagen
  • Bewusstlosigkeit, Unruhe
  • Bei der Alarmierung der Rettungsleitstelle sind folgende Informationen zentral:
  • Wo ist der Notfall?
  • Was ist geschehen?
  • Wie viele Betroffene?
  • Welche Krankheitszeichen?

Erste Maßnahmen

Bis der Notarzt eintrifft, sollten Sie den Betroffenen möglichst auf keinen Fall allein lassen. Zunächst versuchen Sie, ihn zu beruhigen und legen ihn in eine Schocklage (Rückenlage, Füße nach oben). Achtung: bei Bewusstlosigkeit oder Atemstörung stabile Seitenlage einnehmen. Kontrollieren Sie die Atmung. Bei Atemstillstand sofort Herz-Lungen-Massage einleiten. Versuchen Sie, das Allergen zu entfernen, indem Sie beispielsweise eine Infusion stoppen oder, im Fall eines Insektenstichs, den Stachel vorsichtig entfernen. Decken Sie den Patienten zu, wenn er friert, gegebenenfalls helfen Sie ihm, zu erbrechen.

Gerade zur Vermeidung des anaphylaktischen Schocks ist es immens wichtig, über mögliche Allergien Bescheid zu wissen und sicherzustellen, dass alle mit der Person arbeitenden Helfer diese Informationen teilen. Erstens können so lebensbedrohliche Zustände oft vermieden werden und zweitens ist es leichter, adäquat reagieren und helfen zu können, wenn ein Notfall eintritt.

Risikofaktor Sommer – so beugen Sie Hitzeerschöpfungen vor

Bei den meisten Menschen ist die Freude über Sommer, Sonne, Wärme groß. Und dass der menschliche Organismus auf natürliche UV-Strahlen angewiesen ist, um gesundes Vitamin D bilden zu können, ist auch hinlänglich bekannt. Doch Achtung: Gerade für ältere Menschen bergen die Sommermonate zusätzliches Risikopotenzial. Viele ihrer Pflegekunden reagieren auf vermeintlich normale und für Sie angenehme Umstände kritisch. Grund dafür ist oft eine sogenannte Hitzeerschöpfung. Um vorbeugen zu können, ist es wichtig, die Ursachen für diesen Zustand zu kennen sowie die Symptome richtig zu deuten.

Der menschliche Körper reagiert auf Hitze oder ungewöhnlich warme Temperaturen mit vermehrtem Schwitzen, um sich durch Verdunstung der Flüssigkeit auf der Haut zu kühlen. Gleichzeitig verliert der Körper aber durch diese Flüssigkeitsausscheidungen Elektrolyte. Kein Problem, soweit sich der Verlust im Rahmen hält bzw. rechtzeitig wieder aufgefüllt wird. Ist dies allerdings nicht der Fall, dickt das Blut ein, das Herz muss immer kräftiger pumpen, um alle Körperregionen versorgen zu können. Mit der Zeit steht den Organen dann aber immer weniger Blut zur Verfügung und es kann zu den typischen Symptomen der Hitzeerschöpfung kommen.

Symptome einer Hitzeerschöpfung

An folgenden Symptomen erkennen Sie eine Hitzeerschöpfung:

  • blasse, kühle, aber feuchte Haut
  • beschleunigter, schwacher Puls
  • Schwindel
  • Benommenheit
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit

Darum sind ältere Menschen besonders anfällig für Hitzeerschöpfungen

Bei älteren Menschen können schon kleinere körperliche Anstrengungen wie zum Beispiel ein Spaziergang bei Sonneneinstrahlung und warmen Außentemperaturen zu ernsthaften Problemen führen. Das liegt in erster Linie daran, dass bei älteren Menschen die Wärmeregulierung des Körpers nicht mehr so gut funktioniert. Außerdem leiden viele Menschen an Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Blutdruckstörungen oder Arteriosklerose.

Alle diese sind relevante Faktoren, die eine Verdickung des Blutes und in Folge die mangelhafte Versorgung innerer Organe begünstigen. Sobald Sie bei Ihren Pflegekunden Symptome einer Hitzeerschöpfung wahrnehmen, sollten Sie die Betroffenen umgehend an einen kühleren Ort bringen, flach mit leicht erhöhten Beinen lagern und schluckweise möglichst elektrolythaltige Flüssigkeitszufuhr ermöglichen. Sie können den Körper außerdem durch Öffnen beengender Kleidungsstücke oder, soweit vorhanden, durch das Auflegen feuchter Tücher beim Abkühlen unterstützen.

So reagieren Sie bei einem Hitzeschlag

  • Bringen Sie Ihren Pflegekunden möglichst an einen kühlen, schattigen Ort.
  • Lagern Sie ihn möglichst flach, aber mit leicht erhöhten Beinen.
  • Öffnen Sie beengende Kleidung.
  • Versuchen Sie, den Körper etwas abzukühlen, indem Sie die Beine oder die Arme mit kühlen feuchten Tüchern bedecken. Diese müssen jedoch, sobald sie sich erwärmt haben, gewechselt werden, da sie sonst den Wärmestau verschlimmern.
  • Fächeln Sie Ihrem Pflegekunden kühle Luft zu.
  • Bieten Sie schluckweise kühle Getränke an, z. B. Wasser, Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetee oder eine Saftschorle.
  • Kontrollieren Sie den Puls und Blutdruck in regelmäßigen Abständen, bis sich der Allgemeinzustand Ihres Pflegekunden wieder verbessert hat.
  • Informieren Sie den Hausarzt schnellstmöglich und lassen Sie sich weitere, individuelle Anweisungen geben.
  • Sollte Ihr Pflegekunde bewusstlos werden, müssen Sie sofort den Notarzt informieren.

So vermeiden Sie eine Hitzeerschöpfung

Um es erst gar nicht zu einer Hitzeerschöpfung kommen zu lassen, sollten Sie folgende Tipps berücksichtigen:

Tipp 1: Meiden Sie die direkte, intensive Sonne – halten Sie sich mit Ihrem Pflegekunden im Schatten auf.

Tipp 2: Achten Sie auf luftige Kleidung, die den Temperaturen angemessen ist.

Tipp 3: Vergessen Sie nie einen Hut oder eine andere Kopfbedeckung, wenn Sie mit Ihrem Pflegekunden nach draußen gehen.

Tipp 4: Vermeiden Sie bei sommerlichen Temperaturen ungewohnte oder größere körperliche Anstrengungen für Ihren Kunden. Je nach Gesundheitszustand kann schon ein längerer Spaziergang am frühen Nachmittag zu viel für den Betroffenen sein.

Tipp 5: Achten Sie darauf, dass Ihr Pflegekunde ausreichend trinkt und sich so genügend Flüssigkeit und Mineralstoffe zuführt. Gut geeignet sind Wasser, Mineralwasser, Früchte- und Kräutertees sowie Saftschorle und Brühen. Aber auch saftiges Obst und Gemüse liefern zusätzliche Flüssigkeit.

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