Ein Novum in der bundesdeutschen Sozialpolitik: Markus Söder verspricht Pflegeplatzgarantie

Am 14. Oktober hat Bayern gewählt. Wagt Bayerns Ministerpräsident Söder einen weiteren Schritt zur Bewältigung des Pflegenotstands? Erstmals soll es in einem deutschen Bundesland eine Pflegeplatzgarantie geben.

Bayern als Pflegeland Nummer eins

Endspurt bei der Landtagswahl und eine CSU unter Druck: In dieser Situation sorgt die bayerische Staatsregierung mit einem ambitionierten sozialpolitischen Vorhaben für Aufmerksamkeit bei den Wählern. In München traf sich Mitte September das Kabinett mit dem Bundesgesundheitsminister und vereinbarte das Ziel, innerhalb der nächsten fünf Jahre in Bayern einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz einzuführen. Bayern will sich mit diesem Vorstoß als „Pflegeland Nummer eins“ positionieren, wie es Markus Söder ausdrückte.

Anspruch ab Pflegegrad 2

Diesem Schritt war im April die Einführung eines „Landespflegegeldes Bayern“ vorausgegangen: Pflegebedürftige erhalten jährlich 1.000 Euro zusätzlich zu den regulären Pflegeleistungen. Damit ist diese Unterstützung vom Freistaat die einzige Subvention dieser Art in Deutschland. In München werden bereits für 2018 rund 360.000 Anträge erwartet. Markus Söder will damit die häusliche und familiäre Pflege fördern. Nun sollen aber auch Pflegeplätze geschaffen und Pflegekräfte nach Bayern geholt werden. Das im Frühjahr beschlossene Pflegepaket sieht daher den Ausbau von 1.000 Pflegeplätzen jährlich vor.

Die bayerische Staatsregierung will dem akuten Fachkräftemangel mit einer Nachwuchskampagne und einem Neueinsteigerprogramm gegen Ausbildungsabbrüche entgegenwirken. Wie sehr solche Projekte den Nerv der Zeit treffen, zeigt eine Veröffentlichung der AOK Bayern. Demnach nutzten im vergangenen Jahr ca. 16.500 Versicherte das Angebot einer Pflegeberatung, eine Zunahme von sechs Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Die bayerische Gesundheitsministerin Huml stellt klar, dass die Pflegeplatzgarantie altersunabhängig für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 gelten soll. Niemand solle sich in Zukunft noch Sorgen machen müssen, als Pflegefall nicht gut versorgt zu werden. Ein Redakteur des Bayerischen Rundfunks hat es etwas drastischer formuliert: „Wer ins Heim will oder muss, soll ab Pflegegrad 2 einen Platz einklagen können.“

Mehr Pflegefälle, aber weniger Pflegekräfte

Es dauerte erwartungsgemäß nicht lange, bis erste Kritiker dem ehrgeizigen Plan aus Bayern strukturelle und personelle Defizite bescheinigten. Die Zahlen verheißen nichts Gutes: Aktuell gelten 350.000 Bayern als pflegebedürftig. Vor allem die steigende Zahl von Demenzfällen ist besorgniserregend. Jährlich steigt diese Zahl um 5.000 Neuerkrankungen. Setzt sich diese Entwicklung fort, werden aller Voraussicht nach 2030 allein im Freistaat Bayern 300.000 demenzkranke Menschen leben.

Der zunehmenden Zahl von Pflegefällen steht die sinkende Anzahl von Pflegekräften gegenüber. Bayern verzeichnet derzeit gerade einmal 14 Bewerber für 100 offene Pflegestellen. Wieder auf das Jahr 2030 gerechnet, werden wahrscheinlich in der ambulanten Pflege 14.000 und in der stationären Pflege 48.000 Vollzeitkräfte fehlen. Angesichts solcher Prognosen der Bertelsmann-Stiftung wäre Spahns Joboffensive der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. 2.000 der geplanten 13.000 Pflegestellen sollen immerhin auf Bayern entfallen. Zudem unterstrich der Bundesgesundheitsminister nach seinem Termin in München noch einmal die Absicht, in Deutschland dringend gesuchte Fachkräfte in Balkanländern oder auf den Philippinen anzuwerben und dafür mögliche Hindernisse bei der Visavergabe auszuräumen. Die Kosten für diese Maßnahmen sollen die Krankenkassen tragen.

Der Freistaat bezahlt

Anders in Bayern: Die Verwirklichung der geplanten Pflegegarantie will der Freistaat finanzieren. Die Umsetzung ist dann Sache der Kommunen, deren Vertreter sich demnächst auf intensive Gespräche einstellen dürfen. Wahrscheinlich wird der entsprechende Gesetzentwurf für dieses Novum der deutschen Sozialpolitik Ende des Jahres in den Landtag gehen.

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