Aktuelle Pflege-Situation

Mängel in ambulanter und stationärer Pflege nach wie vor an der Tagesordnung

Trotz leichter Verbesserungen lässt die Pflegequalität weiter zu wünschen übrig. Das bestätigt der 5. Pflege-Qualitätsbericht des MDS. Können Pflegestärkungsgesetz III und Reformansätze Abhilfe schaffen?

Regelmäßig seit 2004 erstellt der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) im Dreijahresrhythmus einen Bericht zur Entwicklung und Situation der Pflegequalität in Pflegeheimen und in der häuslichen Pflege in Deutschland und stellt ihn der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Er bezieht sich dabei auf die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) in den Ländern sowie des Prüfdienstes der privaten Krankenversicherungen (PKV).

Der aktuelle 5. Pflegebericht, der sich auf die Prüfungsergebnisse des Jahres 2016 bezieht, wurde im Februar 2018 veröffentlicht. Der Bericht unterteilt sich grob in drei Abschnitte: stationäre Pflege, ambulante Pflege (hierzu seit 2016 zum ersten Mal mit dem Teilbereich Abrechnungsprüfung) und der Bereich Beschwerde.

Stationäre Pflege – weiter viel Luft nach oben

Insgesamt wurden bei 104.344 pflegebedürftigen Bewohnern in 13.304 stationären Einrichtungen Qualitätsüberprüfungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind zum Teil erschreckend. So konnte nur für 88,7 % der Bewohner mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme ein sachgerechter Umgang mit den Medikamenten attestiert werden. Das heißt, dass in rund 10.000 Fällen nicht sichergestellt war, dass die Bewohner tatsächlich die richtigen Medikamente in richtiger Dosierung verabreicht bekamen.

Bei der Prüfung, ob die Maßnahmen zur Behandlung einer chronischen Wunde oder eines Dekubitus auf dem aktuellen Stand des Wissens erfolgten, konnten nur in 75,6 % der Fälle keine Beanstandungen festgestellt werden. Bei 43,7 % der in die Prüfung einbezogenen Personen hätten Maßnahmen zur Vermeidung des Dekubitus durchgeführt werden müssen. Leider wurden nur bei 80,7 % von ihnen diese Prophylaxen auch tatsächlich durchgeführt. Immerhin eine Verbesserung zum letzten Berichtszeitraum, wo diese Behandlung nur 75,6 % der Betroffenen erhielten.

Aber ob das für die Betroffenen ein Trost ist? Sicherlich, 100 % zu fordern mag, selbst wenn es um menschliches Leid geht, überzogen sein. Allerdings formuliert der Qualitätsbericht des MDS selbst, dass es sich bei den Prüfkriterien um Mindestanforderungen an die pflegerische Versorgungsqualität handelt, die von allen Pflegeeinrichtungen erfüllt werden sollten. Außerdem werden die Prüfkriterien inzwischen bereits seit Jahren erhoben und sind durch die Leistungserbringer maßgeblich mit verhandelt worden (vgl. Qualitätsbericht des MDS, Zusammenfassung, S. 8). Eine Verbesserung um 5 % ist also kein wirkliches Ruhmesblatt.

Hier einige aktuelle Prüfungsergebnisse mit Vergleich zum letzten Berichtszeitraum in Klammern:

  • Sachgerechter Umgang mit Medikamenten: 88,7 % (86,2 %)
  • Systematische Schmerzeinschätzung: 82,1 %(80,3 %)
  • Zuverlässige Schmerzmedikation: 96,0 % (96,5 %)
  • Korrekte Dekubitusversorgung: 75,6 %(79,0 %)
  • Korrekte Dekubitusprophylaxe: 80,7 %(75,6 %)
  • Angemessene Körperpflege: 94,8 %(k. A.)

Ambulante Pflege – Prüfungskompetenzen werden weiter ausgebaut

Auch in der ambulanten Pflege kann man von einem Qualitätsschub gegenüber dem vorangegangenen Prüfzeitraum noch nicht wirklich sprechen. Bei den über 70.000 in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen, die zu Hause besucht und befragt worden sind, zeigten sich zwar teilweise erfreulich positive Tendenzen gegenüber dem letzten Prüfzeitraum, aber auch in diesem Bereich gab es nach wie vor zu viele Fälle, in denen die Qualitätskriterien durch den Pflegedienst nicht erfüllt wurden.

Der deutlichste Qualitätszuwachs konnte im Bereich der Schmerzmittelgabe festgestellt werden. Die Kriterien in diesem Bereich waren bei 75,3 % der Betroffenen erfüllt. Das sind zwar 7,4 % mehr als bei der vorherigen Prüfung, aber im Sinne der Betroffenen immer noch zu wenig. Die Gabe von nicht verordneten oder falsch dosierten Schmerzmitteln ist ein grober und unter Umständen fataler Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht von Pflegenden und kann nicht toleriert werden.

Auch die Werte im korrekten Umgang bzgl. Dekubitusversorgung und -prophylaxe zeigen in der ambulanten Pflege ein ähnlich ernüchterndes Bild wie im stationären Bereich.

Positiv hervorzuheben ist, dass bei künftigen Qualitätsprüfungen im ambulanten Bereich die Versorgung von Menschen mit einem Intensivpflegebedarf stärker in den Blick genommen wird. Gerade bei dieser Personengruppe in oft lebensbedrohlichen Situationen mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung wirken sich Versäumnisse in der Pflegequalität besonders gravierend aus.

Auch die Tatsache, dass im aktuellen Prüfungszyklus zum ersten Mal Abrechnungsprüfungen bei ambulanten Pflegediensten durchgeführt wurden und dies in den kommenden Jahren noch ausgeweitet wird, ist im Sinne der Qualitätssicherung zu begrüßen. Immerhin gab es im letzten Quartal 2016 bei 35,2 % der Prüfungen mindestens eine Auffälligkeit in der Abrechnung, bei 28,3 % bis zu fünf Auffälligkeiten. Nur 64,8 % der geprüften Dienste wiesen keine Auffälligkeiten auf.

Blick nach vorn: Beschwerdemanagement und Qualitätsprüfungsreform

Das Beschwerdemanagement ist ein wichtiges Instrument im Prozess der pflegebezogenen Qualitätssicherung und deshalb fester Bestandteil des MDS-Qualitätsberichts. 34,2 % der Beschwerden bezogen sich im aktuellen Prüfzeitraum auf die ambulante, 24,1 % auf die stationäre Pflege.

Die Beschwerden kamen hauptsächlich von Angehörigen und bezogen sich in den meisten Fällen auf körperbezogene Pflegemaßnahmen (24,2 %) sowie auf das Personal (19,9 %). Auf immerhin 21,1 % der bei den Prüfdiensten eingegangenen Beschwerden folgte eine Anlassprüfung, in 13,9 % der Fälle wurde eine Regelprüfung vorgezogen und 24,1 % der Beschwerden wurden an die zuständige Heimaufsicht weitergeleitet.

Damit es künftig möglichst wenig Anlass zu Beschwerden gibt, wird der Bereich der Qualitätsprüfungen in der ambulanten Pflege im Rahmen des im Januar 2018 in Kraft getretenen Pflegestärkungsgesetzes III (PSG III) weiter ausgedehnt. Künftig finden auch bei Personen, die ausschließlich Leistungen der häuslichen Krankenpflege erhalten, und Leistungserbringern, die nicht der Prüfung nach SGB XI unterliegen, verbindliche Regelprüfungen durch den MDK statt.

Im nächsten Schritt ist eine weitreichende Reform geplant, die die Vorschriften zu interner Qualitätssicherung, externer Qualitätsprüfung und einer Verbesserung der Qualitätsdarstellung in der Pflege so anpassen und optimieren soll, dass noch bestehende Lücken und Versäumnisse in der Pflegequalität überwunden werden können. Hierbei soll insbesondere dem Thema Mobilität sowie der Versorgung von demenzkranken Menschen ein größeres Gewicht gegeben werden.

Fazit

Bleibt zu hoffen, dass diese Reformen möglichst schnell und wirkungsvoll greifen, und dass bis dahin jede/r einzelne in der Pflege Tätige sich seiner/ihrer täglichen Verantwortung für die ihm anvertrauten Menschen bewusst bleibt und entsprechend handelt; auch wenn mangelhafte Strukturen, fehlende Personalausstattung und widrige äußere Bedingungen dies manchmal schier unmöglich erscheinen lassen.

Hier ist der vollständige Bericht des MDS nachzulesen:

https://www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/MDS-Qualitaetsberichte/_5._PflegeQualita__tsbericht_des_MDS_Lesezeichen.pdf

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