Umgang mit Patienten

Gesundheit und Pflege: Warum Verständigungsschwierigkeiten erfolgreiche Therapien erschweren

Über ein Problem hat sich das Gesundheitswesen scheinbar noch gar keine Gedanken gemacht oder schätzt dessen Bedeutung als zu gering ein. Wie will man Menschen richtig und erfolgreich behandeln, wenn man Sie nicht versteht?

20 Prozent der Einwohner in Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes einen Migrationshintergrund. Bezogen auf Kinder unter zehn Jahren liegt dieser Anteil bereits bei etwa 30 Prozent. Circa sieben Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit leben in Deutschland, das sind etwa neun Prozent der Gesamtbevölkerung.

Entsprechend hoch ist somit auch der Migrantenanteil unter den Patienten. In Großstädten wie Berlin und Hamburg ist bereits etwa ein Viertel der Patienten türkischer Herkunft. Daraus erwachsen Verständigungsprobleme, wenn Patienten mit geringen Deutschkenntnissen und ohne eigene Übersetzungsmöglichkeiten zur Behandlung oder zur stationären Aufnahme erscheinen.

Experten schätzen, dass es in Krankenhäusern in fünf Prozent aller Fälle zu Missverständnissen zwischen Arzt und Patient kommt. Aufgrund von solcherlei Missverständnissen eskalieren Verständigungsprobleme hin und wieder sogar in körperlicher Gewalt sowohl in Krankenhäusern als auch in Praxen.

Die Wichtigkeit von Dolmetscherdienste wird unterschätzt

Von derlei Nachteilen könnte ein Großteil durch einen qualifizierten Übersetzer vermieden werden. Leider sind Dolmetscherdienste für den Gesundheitsbereich nur vereinzelt verfügbar. Eine besonders paradoxe Situation ergibt sich dadurch, dass Dolmetscherdienste von den Krankenkassen nicht bezahlt werden müssen. Paradox insbesondere deshalb, da es am Ende deutlich teurer für die Kassen wird, durch vermeidbare Missverständnisse einen länger andauernden, schwerwiegenderen, eskalierten Krankheitsfall vor sich zu haben – von der menschlichen Tragödie einmal ganz abgesehen.

Schlechte Verfügbarkeit und das Kostenübernahmeproblem führen daher dazu, dass auf Dolmetscherdienste meist verzichtet wird. Eher greift man in Krankenhäusern notgedrungen beim Übersetzen auf Angehörige oder mitunter auf Raumpflegekräfte zurück. Entsprechend hoch ist dann auch die Fehlerquote beim Dolmetschen medizinischer Inhalte.

Erschwerend für ein gutes Verständnis zwischen Pflegepersonal und Patienten ist aber auch, dass bei diesen Begegnungen unterschiedliche Kulturkreise zusammenkommen. Probleme entstehen schon bei der gewöhnlichen körperlichen Untersuchung, die von gegengeschlechtlichem Personal als zu vermeiden bis unannehmbar angesehen wird.

Kulturelle Unterschiede müssen im Pflegealltag berücksichtigt werden

Unterschiedliche Wahrnehmung und Interpretation der Situation können so wertvolle Kräfte sinnlos vergeuden. Als eine Aushöhlung der verfügbaren Ressourcen wird von Matthias Schlensak, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im St.-Martinus-Krankenhaus in Düsseldorf, der Umstand bezeichnet, dass Patienten mit Migrationshintergrund aufgrund fehlender Erkenntnis der Verhältnismäßigkeit ihres Falls zu hohe Erwartungen und Ansprüche haben – insbesondere was die Erwartungen an ein vermeintlich besser ausgerüstetes Land wie Deutschland angeht.

Schnell entstehen dann aus der vermeintlich berechtigten Unzufriedenheit den Möglichkeiten gegenüber auch Vorwürfe gegen das Personal. Aggressionen, verbale und tätliche Angriffe sind ebenfalls nicht selten – und gehören somit zum mittlerweile leider erwartbaren Spektrum von Kommunikationsschwierigkeiten und deren unmittelbaren Folgen.

So stieg bei der Versorgung von Patienten der Bedarf an Übersetzern und Menschen, die zwischen den kulturellen Unterschieden vermitteln können, in den letzten Jahren deutlich an. Zur Überbrückung der Verständnislücken ist eine Option der Übersetzer.

Eine weitere ist die interkulturelle Vermittlung in jedweder Form. Die reine Übersetzung stößt schon recht bald auf organisatorische Schwierigkeiten. Denn greift man dabei auf professionelle Übersetzer zurück, ergeben sich durchaus längere Wartezeiten, bis diese verfügbar sind. Insbesondere im medizinischen Bereich ist eine unmittelbare Kommunikation und genaues Verständnis der medizinischen Sachverhalte aber ein Muss.

Hilfsmittel bei Kommunikationsschwierigkeiten

Um nicht immer einen entsprechenden Dolmetscher in der Nähe vorhalten zu müssen, ist als Kompromiss eine mögliche Lösung die mobile Dolmetsch-APP XPLANDO. Mit einer Auswahl von über 1.100 Dolmetschern in mehr als 85 Sprachen stellt sie einen Dolmetscherdienst dar, der innerhalb von drei Minuten einen passenden Übersetzer findet. Über die auf einem Klinik-Smartphone installierte Software kann er direkt dem betreffenden Smartphone zugeschaltet werden und dolmetscht das gesamte Gespräch per Lautsprecherfunktion. Das Dolmetschgespräch verläuft dabei vollkommen anonym. Dass hier im Vergleich zum persönlich anwesenden Übersetzer Kosten gespart werden können, liegt auf der Hand.

Die zweite Säule der Überbrückung von Kommunikationsschwierigkeiten ist die Vermittlung zwischen kulturellen Eigenheiten. Ein Beispiel für eine gelungene Form liegt in einer zweisprachigen Broschüre vor: Die syrische Fachärztin für Anästhesie in der Neurologischen Klinik Bad Neustadt, Dr. Nagham Soda, entwarf eine deutsch-arabische Broschüre für arabische werdende Mütter, welche sich ausschließlich mit dem Thema Schwangerschaft und Geburt befasst und gleichzeitig kulturelle Unterschiede berücksichtigt.

So entstand ein Leitfaden für Frauen in der doppelt schwierigen Situation, im für sie fremden Ausland mit einer entsprechenden Sprachbarriere ein Kind zur Welt bringen zu müssen. Gleichzeitig bietet sich der Leserin die Möglichkeit, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, da die Broschüre zweisprachig erschien.

Dies zeigt, dass Sprachbarrieren und damit Gefahren für Patienten abgebaut werden können, wenn zweisprachiges medizinisches Personal sein Wissen mit anderen teilt.

Fazit

Es bleibt zu hoffen, dass weiterhin einfache und auch bezahlbare Lösungen der Verständigung gefunden und weiterentwickelt werden, wie auch, dass weiterhin das persönliche Engagement der Beteiligten für ein gegenseitiges Verstehen der Werte und Ansichten Brücken bauen hilft.

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