Pflege und Gesundheit

Pflege-Chaos, Bürgerversicherung, Ärztemangel – was plant die neue Regierung?

Was hat die GroKo bei Gesundheit und Pflege beschlossen? Das Thema Gesundheit war ein Knackpunkt der GroKo-Verhandlungen. Auch wenn die Finanzierung der Vorhaben noch nicht geklärt ist, gibt es doch einige Beschlüsse, die (zumindest ein wenig) Besserung versprechen. Die Ergebnisse und Annäherungen im Überblick.

Konsens: Es besteht Handlungsbedarf!

In einem wahrhaft historischen Anlauf haben die Parteien, die sich Deutschland im September 2017 zur Wahl gestellt haben, es Anfang März endlich geschafft, eine Mehrheit zur Kanzlerinnenwahl und Regierungsbildung für die 19. Legislaturperiode festzumachen. Die wesentliche Grundlage hierfür bildet der Koalitionsvertrag der sogenannten GroKo, der die Marschrichtung für das Regierungsprogramm der kommenden vier Jahre mehr oder weniger grob umreißt.

177 Seiten umfasst das Werk; von A wie »Aufbruch für Europa« bis Z wie »Zuwanderung steuern«. Immerhin gut sieben Seiten widmen sich dem Thema P wie »Pflege und Gesundheit«. Das ist sicher nicht zu viel, wenn man bedenkt, dass der enorme Handlungsbedarf auf diesem Feld bereits vor der Wahl breiter Konsens zwischen den Parteien war und die Suche nach Lösungen bis zuletzt einer der Hauptstreitpunkte auf dem Weg zur Einigung.

Nun – was beinhalten diese sieben Seiten? Wie will die GroKo das Land aus Pflegenotstand, Ärztemangel, Unterfinanzierung und privat-gesetzlicher Schieflage herausführen?

Patientenwohl als entscheidender Maßstab

»Das Patientenwohl ist für uns entscheidender Maßstab für gesundheitspolitische Entscheidungen« ist in der Einleitung zu Punkt 4. »Gesundheit und Pflege« des Koalitionsvertrags zu lesen. Das lässt hoffen. Und was steckt dahinter?

Im Bereich Pflege plant die neue Bundesregierung, ein »Sofortprogramm Pflege« sowie eine »Konzertierte Aktion Pflege« auf den Weg zu bringen. Im Rahmen des Sofortprogramms sollen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar verbessert werden. Außerdem werden 8.000 neue Fachkraftstellen in der medizinischen Behandlungspflege geschaffen. Weitere Schritte sollen folgen.

Die »Konzertierte Aktion Pflege« beinhaltet neben der Entwicklung verbindlicher Personalbemessungsinstrumente, auch unter Berücksichtigung der Pflegesituation in der Nacht, eine Verbesserung der Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm, ein Weiterbildungsprogramm und eine Ausbildungsoffensive, um den Personalnotstand möglichst schnell und nachhaltig zu beheben.

Außerdem soll der Pflegeberuf durch eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Beschäftigten und eine flächendeckende Anwendung von Tarifverträgen attraktiver gemacht werden. Eine Angleichung des Pflegemindestlohns soll außerdem das in diesem Bereich immer noch bestehende Ungleichgewicht zwischen Ost- und Westdeutschland ausgleichen.

  • Sofort 8.000 neue Stellen in der Pflege
  • Aus- und Weiterbildungsoffensive für Pflegeberufe
  • Bessere Gesundheitsvorsorge für Beschäftigte
  • Verbindliche Personalbemessungsinstrumente
  • Flächendeckende Tarifverträge
  • Angleichung des Pflegemindestlohns in Ost und West

Ambulante Pflege stärken: mehr Geld, weniger Bürokratie, bessere Vorsorge

Was die ambulante Alten- und Krankenpflege angeht, steht die Unterstützung pflegender Angehöriger und die Förderung der häuslichen Pflege im Fokus der Planungen. Besonders Angebote in der Kurz- und Verhinderungspflege sowie Tages- und Nachtpflege sollen durch ein »jährliches Entlastungsbudget« zusammengefasst und so entbürokratisiert und flexibler in Anspruch genommen werden können.

Hierbei soll eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung sichergestellt werden und z. B. eine bessere Honorierung von Wegezeiten die Versorgung im ländlichen Raum verbessern. Pflegende Angehörige sollen außerdem künftig nach ärztlicher Verordnung einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen bekommen.

Ein weiteres Ziel der Koalitionäre ist die Verbesserung der Prävention und damit frühzeitige Vermeidung der Pflegebedürftigkeit. Diesem Thema ist im Vertrag sogar ein eigener Punkt gewidmet, der Maßnahmen vorsieht wie die Schaffung eines nationalen Gesundheitsportals im Internet, die rechtzeitige Vorbeugung vor chronischen Erkrankungen, eine Strategie zur Reduzierung von Übergewicht, Maßnahmen zur Tabak- und Alkoholprävention sowie eine Stärkung der Patientenrechte.

Auch die sogenannte »sektorenübergreifende Versorgung«, also die Vernetzung der stationären und ambulanten Systeme in Bezug auf Bedarfsplanung, Honorierung, Dokumentation, Kooperation der Gesundheitsberufe und der Qualitätssicherung, soll sicherstellen, dass sich die Behandlungsverläufe verbessern, effizienter werden und sich mehr am tatsächlichen medizinisch-pflegerischen Bedarf der Patienten und Patientinnen ausrichten.

  • Verbesserung der ambulanten Alten- und Krankenpflege
  • Stärkung der Kurzzeitpflege
  • medizinische Reha-Leistungen für pflegende Angehörige
  • Stärkung der Prävention
  • Bessere Vernetzung der beteiligten Systeme

Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld?

Auch wenn die Betonung der Koalitionäre auf dem vielzitierten Patientenwohl liegt, was niemand bezweifeln will – auch im Pflege- und Gesundheitswesen geht es natürlich immer auch um die Frage der Finanzierung und Mittelverteilung für alle Beteiligten.

Hierzu nimmt der Koalitionsvertrag eher vage Stellung. Im Kapitel »Finanzierung und Steuern« ist das Pflege- und Gesundheitsbudget nicht explizit ausgewiesen und auch das Kapitel »Gesundheit und Pflege« hält sich weitgehend mit Details zurück. Immerhin so viel: Die 8.000 neuen Fachkraftstellen des »Sofortprogramm Pflege« sollen durch eine »Vollfinanzierung aus Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfolgen«.

Für die Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung und Verminderung von Wartezeiten soll der bestehende Innovationsfonds mit jährlich 200 Millionen Euro fortgesetzt werden. Und um nachhaltige Verbesserungen im Bereich der stationären Versorgung zu erreichen, soll der hierfür bereits gebildete Strukturfonds mit einer Höhe von einer Milliarde Euro jährlich für weitere vier Jahre fortgesetzt werden, um nötige Investitionen in Umstrukturierung, neue Technologien und Digitalisierung zu finanzieren.

Was die Unterschiede in der Honorierung ärztlicher Leistungen für privat und gesetzlich Versicherte angeht, wird die »Bürgerversicherung« für alle vorläufig nicht kommen. Zunächst soll eine Kommission hierzu Vorschläge erarbeiten. Entschieden ist allerdings, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 2019 von Arbeitnehmern und Arbeitgebern wieder paritätisch getragen werden sollen.

Fazit

Alles in allem vielleicht nicht der ganz große Wurf, aber immerhin der ein oder andere Schritt in die richtige Richtung. Mögen die Verantwortlichen bei der Umsetzung zügig vorankommen und ein glückliches Händchen haben.

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