Leseprobe: Angehörigenarbeit

9 FACHKOMPETENZ PFLEGE: Angehörigenarbeit in der Pflege Einleitung In unserer „aktiven Zeit“ in der Pflege haben wir mit vielen Angehörigen von pflegebedürftigen Menschen zu tun gehabt. Da wir selber mehrere Jahre z. B. im stationären und im ambulanten Pflegebereich gearbeitet haben, sind uns hierbei viele verschiedene Konfliktfelder in der Angehöri- genarbeit aufgefallen. Immer wieder waren wir Mitarbeiter uns in den jeweiligen Teams dann einig, dass bestimmte Angehörige sehr „schwierig“ waren. Nur selten haben wir hierbei unser eigenes Verhalten oder Auftre- ten hinterfragt. Heute kommen wir zu der Einschätzung, dass wir oftmals durch unser eige- nes Verhalten Angehörige „schwierig“ machen. Oftmals klagten wir auch darüber, dass Angehörige kein Verständnis haben für die schwere Arbeit der Pflege und Betreuung. Und überhaupt: Wer hat denn hier das Examen?! Besonders haben wir uns nämlich darüber auf- geregt, wenn Angehörige uns sagen wollten, wie wir richtig zu pflegen hätten. Bei anderen Angehörigen kamen wir schnell zu der Einschätzung, dass diese „beratungsresistent“ seien, da wir viel zu erklären hatten, dieses auch taten, aber Angehörige wollten (oder konnten?) uns einfach nicht zuhören und uns verstehen. Leider haben wir uns selber zu wenig bemüht, insbesondere „pflegende Angehörige“ besser zu verstehen, z. B. indem wir versucht haben, uns in diese schwierige und extrem belastende Situation zu verset- zen. Erst nach vielen Konflikten wurde uns klar, dass eine verstehende Hal- tung den „pflegenden Angehörigen“ gegenüber viel Ärger hätte vermei- den können. In den letzten Jahren können Sie gut beobachten, dass die Gruppe der Angehörigen sich dahingehend verändert hat, dass Angehörige: selbstbewusster auftreten mehr informiert werden möchten ihre Kundenrolle bewusst ausleben zunehmend kritische Fragen stellen vermehrt kontrollieren Aus all diesen Tendenzen können jetzt Konfliktfelder entstehen, die mitun- ter viel Energie und Zeit bei den Kollegen der Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung in Anspruch nehmen. Für die eigentliche Arbeit mit dem zu Pfle- genden bleibt dann immer weniger Zeit. Weder im ambulanten noch im stationären Bereich wird die Angehörigen- arbeit refinanziert. Nichtsdestotrotz nehmen Angehörige eine immer wich- tigere Position im Berufsfeld Pflege ein. Sie suchen die Pflegeeinrichtung für den zu Pflegenden aus, sie kontrollieren die Dienstleistung und sie fordern mehr Informationen zu den Pflege- und Betreuungsangeboten. Zudem sind sie gut informiert über die finanziellen und rechtlichen Grundlagen der Altenarbeit. Sie sind daher die eigentlich „Kundigen“. Über dies hinaus ken- nen die „neuen“ Angehörigen verschiedene Beschwerdeinstitutionen wie Heimaufsicht und Medizinischer Dienst der Krankenkassen, kurz: MDK.

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