Leseprobe: Demenz und Beziehungsgestaltung

53 Fachkompetenz Pflege: Demenz und Beziehungsgestaltung Das VIPS-Modell als Orientierungsrahmen (S3b) Der von Tom Kitwood und seinen Mitarbeitern entwickelte person-zent- rierte Ansatz wurde von Dawn Brooker in der Form weiterentwickelt, dass sie sich darüber Gedanken gemacht hat, wie ein entsprechender Organisati- onsrahmen für die praktische Arbeit mit Personen mit Demenz innerhalb einer Einrichtung gestaltet sein sollte. Hieraus ist das sogenannte VIPS- Modell (Brooker 2008) entstanden. Da Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtschaftsarbeit in konkrete Strukturen einer z. B. stationären Einrichtung eingebettet sind, müssen alle Bereiche durch den person-zentrierten Ansatz geprägt sein. Die Devise muss hier lau- ten: alle oder keiner! Das Radikale an dem VIPS-Modell ist, dass es aus der Sicht bzw. den Bedürf- nissen der Person mit Demenz heraus entworfen ist. Nicht Betriebswirt- schaft, MDK und Heimaufsicht geben hier die Richtung der Entwicklung vor, sondern die Bedarfe und Bedürfnisse der Betroffenen. Richtig ist, was die Betroffenen mit Demenz für richtig halten. VIPS ist eine Zusammensetzung der vier wesentlichen Schlüsselelemente einer Einrichtung für Menschen mit Demenz, nämlich: validieren, individu- ieren, Perspektivwechsel und Sozialpsychologie. Vier Schlüsselelemente des VIPS-Modells Trotz Beeinträchtigung durch Demenz muss der Betroffene von allen Perso- nen einer Pflegeeinrichtung Wertschätzung erfahren. Dafür ist ein einheitli- ches Menschenbild und Pflegeverständnis bei allen Mitarbeitern notwen- dig. Hierzu sollten regelmäßig Fallbesprechungen und auch ethische Fallgespräche erfolgen. Jeder Mensch möchte individuell behandelt werden, daher müssen über ein individuelles Assessment die jeweils aktuellen Bedarfe und Bedürfnisse des Betroffenen erhoben, dokumentiert und bedient werden. Hierzu ist die Anstrengung der ganzen Einrichtung erforderlich. Der Mensch ist fähig zur Imagination und Identifikation. Daher sollten Mit- arbeiter immer wieder einmal die „Pflegewelt“ aus dem Blick der Betroffe- nen mit Demenz betrachten. Diese radikale Methode ist der direkteste Weg zu einem person-zentrierten Ansatz. Aus den Arbeiten des Soziologen Ervin Goffman ist schon seit Jahrzehnten hinlänglich bekannt, wie Institutionen den einzelnen Menschen formen und beherrschen. Genau diese bösartige Sozialpsychologie – wie Kitwood es nennt – muss unbedingt vermieden werden. 5 5 V (validieren) I (individuieren) P (Perspektivwechsel) S (sozial-positive Umgebung)

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