Leseprobe: Demenz und Beziehungsgestaltung

5 Das VIPS-Modell als Orientierungsrahmen 54 MENSCH UND MEDIEN 5.1 Praktische Ableitungen des VIPS- Modells für die tägliche Arbeit Eine große Herausforderung ist für Einrichtungen der Altenarbeit, wie der person-zentrierte Ansatz in den praktischen Pflege- und Begleitungsprozess im Rahmen einer bestehenden Versorgungslandschaft implementiert wer- den kann. Leider zeigt die Praxis, dass dies immer wieder scheitert, obwohl sich alle Funktionsbereiche hierum bemühen. Ihr ist bewusst, dass nicht überall, wo „person-zentriert“ draufsteht, auch „person-zentriert“ drin- steckt. Nur zu oft fallen Einrichtungen immer wieder zurück in eine Aufga- benorientierung, wo dann der einzelne Mensch mit Demenz wieder zu einer Randfigur wird. Was sich nach Einschätzung von Brooker in den letzten Jahren, in denen immer öfter die person-zentrierte Arbeit mit Personen mit Demenz themati- siert wird, positiv verändert hat, ist die Einschätzung von sogenanntem „herausfordernden Verhalten“. Dieses wird immer öfter als „Antwort auf das Nichterkennen individueller psychischer oder sozialer Bedürfnisse“ von Menschen mit Demenz gewertet (ebd.: 27). Brooker nimmt aber auch wahr, dass es weitere Interpretationen von per- son-zentrierter Arbeit geben kann, die aber doch eher als individualisierte Pflege zu verstehen sind. Das wiederum entspricht nicht dem Verständnis nach Kitwood, wie wir schon oben dargestellt haben. Auch nicht einzelne Aktivitäten oder Angebote zur Freizeitgestaltung machen den Kern eines person-zentrierten Ansatzes aus, sondern die Hal- tung der Einrichtung, der Teams und des einzelnen Mitarbeiters der Person mit Demenz gegenüber. Diese zeichnet sich aus durch: Einbeziehung: Mitarbeiter beziehen den Menschen mit Demenz immer wieder in das soziale Geschehen mit ein. Respekt: Menschen mit Demenz werden erwachsenengerecht behan- delt. Wärme: Die Atmosphäre im Wohnbereich ist geprägt von emotionaler Wärme und Akzeptanz des Menschen mit Demenz. Validation: Gefühle und Antriebe der Person mit Demenz werden aner- kannt. Befähigen: Personen mit Demenz sollen Möglichkeiten erfahren, sich um sich selber sorgen zu können (z. B. selber entscheiden zu dürfen). Teil des Gemeinwesens sein: Zudem wird auch der Austausch mit Ange- boten außerhalb der Einrichtung unterstützt, jedoch nicht erzwungen. 5.2 Orientiert am VIPS-Modell: „Integrative Hauswirtschaft“ im Haus Bethesda Einen person-zentrierten Ansatz zu implementieren ist schwierig, da alle Funktionsbereiche eingebunden werden müssen. Ist die Pflege und Betreu- ung von Menschen mit Demenz schon in vielen Bereichen der Altenarbeit „individualisiert“, ist sie daher noch lange nicht person-zentriert.

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