Leseprobe: Demenz und Beziehungsgestaltung

89 Fachkompetenz Pflege: Demenz und Beziehungsgestaltung Fallarbeit als Steuerungswerkzeug (S2b; P2; E2; P4; E4; S5a; P5; E5a) In der täglichen Praxis in Einrichtungen der Pflege und Betreuung von alten Menschen mit Demenz werden viele verschiedene Formen der Fallarbeit praktiziert. Diese sind dann mehr oder weniger strukturiert. Was uns hinge- gen immer wieder auffällt, wenn wir uns im „Feld“ bewegen, ist, dass oft- mals Fallarbeit durch ausschließlich Pflege(Fach)-kräfte durchgeführt wird, ohne die Kollegen der Sozialen Betreuung und der Hauswirtschaft mit einzubeziehen. Hierfür möchten wir aber ausdrücklich plädieren, denn „Pflege“ unterliegt einem „eingeschränkten Sehfeld“, wenn es z. B. um sogenanntes „herausforderndes Verhalten“ geht. Der Blick ist dann „medi- zinisch-pathologisch“ und die angestrebten Lösungen werden dann rasch dem Arzt (weniger dem Hausarzt, mehr dem Neurologen) überantwortet. Hier möchten wir Ihnen daher zwei praxiserprobte Methoden der Fallarbeit näher vorstellen. Wir arbeiten regelmäßig mit diesen Methoden im The- menfeld „Demenz“ und „Palliative Care“. Beide Methoden sind schnell zu erlernen, sodass die Teams nicht durch einen externen Mediator oder Super- visor begleitet werden müssen. 7.1 Schrittweise eine Verstehenshypothese entwickeln Eine hilfreiche Methode der Fallarbeit für Teams, die Personen mit Demenz pflegen und begleiten, ist die modifizierte sechsschrittige Serial-Trial-Inter- vention-Methode (kurz: STI-Methode). Sie kommt zum Einsatz, wenn es z. B. um Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz geht, die aufgrund eines totalen Sprachzerfalls ihre Bedürfnisse nicht mehr verbal äußern können und nun sogenannte „herausfordernde Verhaltensweisen“ zeigen. Die Stärke dieser Methode liegt darin, dass sie bei sogenannten „herausfor- dernden Verhaltensweisen“ nicht zwangsläufig der Demenz die Ursache hierfür zuspricht. Sie betrachtet sämtliche Einflussfaktoren, die das gezeigte Verhalten ursächlich bedingen können. Daher ist eine Ausgangshypothese bei dieser Methode: Ein Mensch mit fort- geschrittener Demenz zeigt sein Unwohlsein über diese (oftmals störenden) Verhaltensweisen. 7 7

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