Leseprobe: Demenz und Beziehungsgestaltung

MENSCH UND MEDIEN • Fachkompetenz Pflege: Demenz und Beziehungsgestaltung Die modifizierte Serial-Trial-Intervention-Methode in sechs Schritten Schritt 1: Erfassung der körperlichen Bedürfnisse Messen Sie die Vitalzeichen (Puls, Blutdruck, Temperatur, Atmung, Blutzucker) und bitten Sie den Hausarzt, die Laborwerte über eine Blutentnahme und/oder eine Urinprobe zu bestimmen. So können mögliche Infektionsparameter in Blut und Urin ausgewertet werden. Beobachten Sie, ob der Bewohner auf Schmerz bei Bewegung reagiert (bedenken Sie z. B., dass ca. 85 % der Pflegeheimbewohner unter chronischen Schmerzen leiden. Studien zeigen aber deutlich auf, dass viele Bewohner mit Schmerzmitteln unterversorgt sind). Bedenken Sie in erster Linie folgende mögliche körperliche Ursachen für ein verändertes Verhal- ten bei der Person mit Demenz, z. B. • Schmerzen, • Juckreiz, • Übelkeit, • Unruhige Beine, • Harnwegsinfekte, • Verstopfung, • Lebensmittelunverträglichkeiten (eventuell Lactoseintoleranz), • Allergien, • etc. Zudem empfiehlt es sich, zu überprüfen, ob bekannte Krankheiten sich verschlechtert haben könnten oder neue sich entwickelt haben. Kontrollieren Sie anhand alter Krankenhausentlas- sungsbriefe oder alter Arztberichte, ob das Diagnoseblatt vollständig ist. Auch kann ein Medikamentencheck über die Apotheke veranlasst werden, z. B. mit einem gezielten Auftrag an den Apotheker in Richtung „Juckreiz“. Schritt 2: Erfassung der psychosozialen Bedürfnisse Hier erheben Sie die Umgebungseinflüsse auf Ihren zu Pflegenden, wie z. B.: • Liegt mitunter ein Reizüber- oder -unterangebot vor? • Haben sich wesentliche Betreuungspersonen geändert? • Erforschen Sie, ob Sie konkrete Auslöser für das Verhalten benennen können. • Beobachten Sie, wie Ihr zu Pflegender auf Zuwendung reagiert, um dahingehend einen Man- gelzustand auszuschließen. • Nicht erkannte Trauerreaktionen können ebenfalls als „herausfordernde Verhaltensweise“ • fehlinterpretiert werden. • Überlegen Sie, ob das gezeigte Verhalten der Person mit Demenz als bindungsuchendes Ver- halten interpretiert werden kann. Zudem kann in der Biografie nachgeschaut werden, wann der Betroffene früher ein ähnliches Verhalten gezeigt hat oder ob es traumatische Erlebnisse gab, die durch die heutige Situation ausgelöst werden (z. B. Gefangenschaft, Kinderlandverschickung, Kinderheim, Arbeitshaus, ver- schüttet gewesen etc.). Bedenken Sie, dass diese Überlegungen nicht vollständig sind und je nach Situation des Betrof- fenen weitere Aspekte geprüft werden müssen.

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