Leseprobe: Mobilität

5 Wahlrecht, Verträge und Sachleistungsprinzip 129 Fachkompetenz Pflege: Recht und Praxis der Hilfsmittelversorgung Die freie Wahl des Leistungserbringers ist damit eingeschränkt. Im Fall einer Vertragsschließung nach § 127 Abs. 1 SGB V (Vertragsfindung auf dem Wege der öffentlichen Ausschreibung) könnte dies sogar bedeuten, dass gar kein Wahlrecht mehr vorliegt, da ggf. nur noch ein Ausschreibungsge- winner als Vertragspartner der Kasse auftritt. Der Vertragspartner wird dann dem Versicherten verbindlich durch die Krankenkasse vorgegeben und das Wahlrecht entfällt komplett. Wählt der Versicherte aufgrund eines berechtigten Interesses dennoch einen anderen Leistungserbringer, leistet die Krankenkasse nur maximal bis zu den Preisen, die mit dem jeweiligen Vertragspartner vereinbart wurden. Entstehen dabei höhere Kosten, muss der Versicherte diese Mehrkosten gemäß § 33 SGB Abs. 6 SGB V aus eigener Tasche tragen. Durch das Gesetz wird der Terminus des „berechtigten Interesses“ nicht näher definiert und eine Legaldefinition liegt nicht vor. Auch die Rechtspre- chung gibt hier (noch) keine Hinweise. Aufgrund der unklaren Definition ist jedoch zu erwarten, dass die Sozialgerichte die Vorschrift in gerichtlichen Verfahren überprüfen werden. Ein berechtigtes Interesse ist z. B. bei Versicherten vorstellbar, die bei der Prothesenversorgung ein besonderes Vertrauensverhältnis zu einem lang- jährigen Leistungserbringer aufgebaut haben. Denkbar wäre auch, dass bei multimorbiden Patienten mit einem großen Bedarf an unterschiedlichsten Hilfsmitteln aus mehreren Versorgungsbereichen – und demzufolge auch unterschiedlichsten vertraglichen Regelungen – ein Interesse vorliegt, aus einer Hand versorgt zu werden. Als berechtigtes Interesse könnte insbesondere auch der bereits im Geset- zestext angedeutete Wunsch nach einer höherwertigen Versorgung ange- sehen werden. Letztendlich wird daher wieder jede Situation individuell zu prüfen sein. Auch im Bereich der SPV gilt hier eine ähnliche Verfahrensweise, denn hier greift § 29 Abs. 2 SGB XI, nach dem Leistungen nur bei Leistungserbringern in Anspruch genommen werden dürfen, mit denen die Pflegekasse Verträge abgeschlossen hat. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie nach § 40 SGB XI die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekos- ten ebenfalls selbst zu tragen und der § 33 Abs. 6 und 7 SGB V gilt entspre- chend. Nehmen Sie vor einer geplanten Versorgung mit Hilfsmitteln bzw. Pflege- hilfsmitteln unbedingt Kontakt mit dem jeweiligen Kostenträger auf, um spätere unvorhergesehene Kosten oder notwendige Umversorgungen zu vermeiden. Klären Sie vorab folgende Fragen: Welche Vertragspartner gibt es? Welche Produkte umfasst der Vertrag? Welche Dienstleistung ist mit der Abgabe der Produkte und der konti- nuierlichen Betreuung der Produkte verbunden? Welchen Vertragspreis erstattet die Krankenkasse dem Leistungserbrin- ger? Welche Qualitätsanforderungen bestehen an den Leistungserbringer? Welche Anforderungen bestehen an die Qualifikation des vom Leis- tungserbringer eingesetzten Personals in der kontinuierlichen Patien- tenbetreuung? Wahl des Leistungs- erbringers Regelungen gelten auch für Pflegehilfsmittel praxisTipp

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