Leseprobe: Mobilität

2 Hilfsmittel dienen bestimmten Versorgungszielen 33 Fachkompetenz Pflege: Recht und Praxis der Hilfsmittelversorgung Diese Definition gründet in ihrem Verständnis auf das bio-psycho-soziale Modell, das auch der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Gesundheit (ICF) zugrunde liegt (vgl. auch Kapitel 6.4). Die behinde- rungsausgleichenden Hilfsmittel haben damit vorrangig zum Ziel, eine Funktionseinschränkung körperlicher, geistiger oder seelischer Art weitest- gehend auszugleichen. Damit wird der Begriff der Behinderung ausdrück- lich gesetzlich definiert und diese Begriffsdefinition gilt auch für das SGB V und damit für die Krankenkassen. Dabei entspricht der erste Teil der Definition der „Behinderung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX, also die dauerhaft regelwidrige Körperfunktion bzw. das Funktionsdefizit, dem herkömmlichen, rein medizinischen Behinde- rungsbegriff, während der zweite Teil der Definition, also die Teilhabebe- einträchtigung als Folge des Funktionsdefizits, die durch das SGB IX erfolgte Erweiterung des herkömmlichen Behinderungsbegriffs darstellt. Der Beto- nung der Teilhabebeeinträchtigung auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich eine körperliche, seelische oder geistige Abweichung von der Regel ins- besondere deshalb für die Betroffenen nachteilig auswirkt, weil die Umwelt im Hinblick auf die Bedürfnisse von Menschen ohne diese Abweichung gestaltet wird, kommt mit Rücksicht auf die UN-Behindertenrechtskonven- tion (UN-BRK) und dem sich aus Art. 1 Abs. 2 UN-BRK ergebenden Begriff der Behinderung besondere Bedeutung zu. Danach zählen zu den Men- schen mit Behinderungen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwir- kung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichbe- rechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. An diesem Begriff orientiert sich auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH-Urteil vom 18.12.2014, Az.: C-354/13). Danach wird Behinderung nicht als ein fest definiertes Konzept verstanden, sondern ist dynamisch und von den jeweiligen Wechselbeziehungen mit umweltbezogenen und personen- bedingten Kontextfaktoren abhängig. Der Behinderungsbegriff entwickelt sich somit fortlaufend weiter und passt sich an die jeweiligen gesellschaftli- chen Entwicklungen an. Daher ist jeweils im konkreten Einzelfall zu überprüfen, ob eine Beeinträch- tigung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe vorliegt. Schließlich sind zwar die Regelwidrigkeit und die Funktionsstörung nach medizinischen Maßstäben zu beurteilen, die Beeinträchtigung der Teilhabe kann und muss jedoch auch nach soziologischen und z. B. bei Kindern auch nach pädagogischen Maßstäben bestimmt werden. Dass dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, wird deutlich, wenn man die neue, mit dem Bundesteilhabegesetz eingeführte und ab 01.01.2018 gültige Fassung des § 2 Abs. 1 SGB IX (neu) betrachtet: Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtig- ten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist. Wichtig!

RkJQdWJsaXNoZXIy ODQyNDg=